Samstag, 20. September 2008
In der Lobby brennt noch Licht
Das ist das Motto der zweitägigen Fachkonferenz des Netzwerk Recherche in den Räumlichkeiten der Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin. Es wird zu einem unglaublichen Running Gag, dass ich mich zu Veranstaltungen des Netzwerk Recherche anmelde und Tage darauf feststelle, dass mein Chef dort Teilnehmer an einer Podiumsdiskussion oder Referentenkommentator ist. Im Sommer, auf der Jahreskonferenz in Hamburg, war es der Leiter meines Studiengangs, der sich rechtfertigen musste, dass er einen Studiengang anbietet, der sowohl für den Journalismus als auch dessen bösen Zwillingsschwester, die Public Relations, ausbildet. Dieses Mal ist es der Chef der PR Agentur – Achtung, es folgt die Premiere, dass ich meinen Arbeitgeber zum ersten Mal bei Namen nenne! - Johanssen + Kretschmer, der sich für einen Kommentar hergeben muss. Wie er sich schlagen wird, zeigt sich heute.

Der gestrige Tag diente der allgemeinen Einleitung in das Thema Lobbying. Es ist kein großes Geheimnis, dass unser politisches System von Interessenvertretern unterschiedlicher Couleur und unterschiedlichster Neigung durchzogen, ja geradezu „verseucht“ ist, wie es Thilo Sarrazin, Berliner Finanzsenator, äußerst treffend formulierte. An solcher Interessenvertretung sehe ich per se nichts Verkehrtes. Mag sein, dass heute noch der PR-Mensch aus mir spricht, aber ich bin der Überzeugung, dass die Politik sich soweit vom Bürger und seinen Bedürfnissen entfernt hat, dass sie selber nicht mehr weiß, was gut ist für ihren Schützling. Ob ausgerechnet Wirtschaftsvertreter und ihresgleichen das besser wissen, sei dahergestellt, aber sie wissen allemal was für die Wirtschaft und den öffentlichen Sektor gut ist und so etwas ist nicht rundweg schlecht für den Bürger. Das Bild, das man früher von Lobbyisten hatte, vornehmlich Männer in Anzügen, die mit den Volksvertretern in rauchiger Runde sitzen und sich gegenseitig auf die Schulter klopfen während sie Zigarre rauchen und über ihre Wünsche sprechen, trifft nicht mehr wirklich zu. Heutzutage sitzen die Lobbyisten teilweise direkt in den Büros des Bundetages, arbeiten in den Abteilungen mit oder sitzen zumindest mit den Fachpolitikern in den wichtigen Runden. Sie manipulieren nicht mehr, sie gestalten mit – was immer noch Manipulation ist, keine Frage, aber in einem Rahmen, den wir uns alle absteccken können. Manipulation am Manne sozusagen. Millionen Frauen machen das täglich mit ihren Ehemännern, um die Kreditkarte zu erhalten.

Erwähnenswert als Redner ist Lothar Binding, derzeit Abgeordneter der SPD im Deutschen Bundestag. Er erzählte in einem frischen, vollkommen frei vorgetragenen Stil von seinen Erfahrungen aus den Hinterzimmern. Dort tauchte ein Papier auf, welches dem Umgang mit der Zigarettenindustrie zum Thema hatte – formuliert von der Zigarettenindustrie selbst. Wer es dort auf den Konferenztisch gelegt hatte, ließ sich bis heute nicht aufdecken. Binding folgerte daraus, dass es überall in den politischen Strukturen lobbyistische Einflüsse gebe, auch dort, wo man sie in erster Linie nicht vermuten würde oder auch fernab von allen Knotenpunkten mit dem Interessensverband. Und weil er sich mit Rauch und allem drum herum besonders auskannte, schloss er auch mit den süffisanten Worten, dass wir „für jeden alten Raucher, den wir kennen, einen jüngeren Raucher niemals kennen lernen können, weil der schon tot ist.“


Bildquellen: Netzwerk Recherche; Deutscher Bundestag

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Montag, 8. September 2008
SPD jubelt: Endlich wieder Bier statt Wein!
Kurt Beck ist in sein beschauliches Rheinland-Pfalz geflüchtet, wo er sich vor bösen Journalisten und dem noch böseren Berlin in seine Schmusedecke mummeln und die SPD SPD sein lassen kann. Das Ruder übernehmen als Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier und der alte Haudegen Franz Müntefering als alter neuer Vorsitzender. Ob das der SPD aus dem Umfragentief holen kann? Wagen wir einen Blick in die Zukunft...

19. November 2008: Andrea Ypsilanti lässt sich mit den Stimmen von SPD, Grünen und der Linken zur hessischen Ministerpräsidentin wählen. Sie erfüllt die einzige Bedingung der Linken, die rot-grüne Minderheitsregierung zu tolerieren, und erlässt sofort ein Rechtsfahrverbot.

27. September 2009: Die SPD verliert die Bundestagswahl knapp mit 26 Prozent der Stimmen. Angela Merkel ist wiedergewählt und koaliert mit Grünen und FDP. Frank-Walter Steinmeier, der Kanzlerkandidat der SPD, poltert in der Elefantenrunde, Frau Merkel habe die Kirche aus dem Dorf gestohlen und geht ins Exil nach Liechtenstein.

4. April 2010: Nachdem er einen Brief von Andrea Nahles erhalten hat, die ihn vorwirft, Rechtsträger zu sein, ist Franz Münterfering eingeschnappt und wirft hin. Um die SPD aus dem Unfragentief zu retten, besinnt sich die SPD auf ihre alten Werte und wählt Helmut Schmidt zum neuen Vorsitzenden.

15. Juni 2011: Helmut Schmidt raucht verbotener Weise bei der Besichtigung eines Chemiewerks. Es kommt wie es kommen muss - die Aktie von BASF stürzt ins Bodenlose und der Konzern muss Insolvenz anmelden. Zur neuen Vorsitzenden der SPD wird Sabine Bätzing gewählt.

15. September 2013: Die SPD holt bei der Bundestagswahl 13 Prozent. Sabine Bätzing feiert dies als "grandiosen Erfolg für die Sozialdemokratie" und wird Vize-Kanzlerin unter Gregor Gysi, der mit seiner Linken nur knapp die absolute Mehrheit verpasst hat.

29. Juli 2014: Oskar Lafontaine, der in seiner zweiten Amtszeit als Ministerpräsident des Saarlandes glänzt, leugnet es zwar, aber es findet eine Zwangsvereinigung von SPD und der Linken statt. "Damit hat Deutschland endlich wieder eine wahre sozialsozialistische Partei", jubelt Außenministerin Sahra Wagenknecht.

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Freitag, 29. August 2008
Links
Praktikumsbedingt wildere ich gerade auf den Homepages und Internetforen der Linken herum und erhalte dadurch einen recht deutlichen Einblick, welche Einflüsse sich auf einen Teil der linksextremen Vereinigungen und Zusammenschlüsse einwirken. Von den seit längerem etablierten Parteien Deutschlands kennt man ja aus den Nachrichten den einen oder anderen Namen von internen Verbänden. Wenn sich zum Beispiel in der SPD - Sie wissen, das ist diese Partei, die irgendwann einmal die größte Deutschlands war und irgendwann auch einmal wichtig war - der Seeheimer Kreis mit der Parlamentarischen Linke streitet, weiß man, dass es einen Streit zwischen den Konservativen und den Sozialisten gibt. Oder wenn die Realos der Grünen mit den Fundis aus derselben Partei sprechen, kann man auch die Strömungen erkennen.
Linke waren für mich lange Zeit einfach nur Linke. Realitätsferne, enttäuschte Sozialdemokraten und Alt-Kommunisten, die sich in ihrem Traum nach sozialer Gerechtigkeit und ein bisschen Frieden gegenseitig in den Arm nahmen und in eine bessere Welt kuschelten. Dass es aber auch bei den Linken durchaus politische Strömungen und Flügel gibt, war mir bis vor kurzem nicht bekannt. Erst durch meine, zu mancher Zeit wirklich recht intensiven, Recherche landete ich auf den unterschiedlichen Ebenen der Partei und der außerparlamentarischen Zusammenschlüsse.

Ich bin gleichermaßen überrascht, wie vielschichtig sich die Linken in Deutschland positionieren als auch wie verklärt das Weltbild mancher linksextremistischer Vereinigung ist. Bei meiner Suche bin ich auf das eine oder andere Dokument gestoßen - Reden zu öffentlichen Veranstaltungen, Essays zu wirtschaftlichen Themen oder auch Parlamentsanträge - und dachte, ich hätte ein historisches Schreiben vor Augen. Den Umstand der globalisierten, kapitalisierten Welt nicht ausblendend, doch zumindest in Gänze in Frage stellend, präsentierten sich Weltanschauungen, die nicht einmal ein Stamm von neobucktanischen Ureinwohnern verfolgen würde.
Und welche jungen, möglicherweise der Welt Mehrwert bringende Menschen sich in solche Welten flüchten!
Beängstigend.



Bildquellen: Forum Demokratischer Sozialismus; Linksjugend'[solid]

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Freitag, 8. August 2008
Jede Partei sollte ihren Wolfgang haben. Dann ist Politik nicht mehr ereignislos.

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Dienstag, 8. Juli 2008
Memoria
Der eine, der gleichzeitig auch der Erste war, hat einen strahlend weißen Obilisik.
Ein weiterer sitzt fast nebenan auf einem ordentlichen Stuhl.

Jetzt endlich soll auch der, der uns wohl am meisten "Freude" bereitet hat, standesgemäß geehrt werden. Meine Unterschrift hättet ihr sicher, Folks!



Bildquellen:
Wikipedia
Bayerisches Institut für Umwelt- und Kläranlagentechnologie

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Samstag, 31. Mai 2008
XY... ohne Not
"Die Wähler würden es nicht verstehen, wenn man sie ohne Not wieder zur Wahlurne führt."

Ohne Not, Frau Ypsilanti? Wortbrüche nach den regulären Wahlen? Eine Landesregierung, die nur noch kommissarisch tätig ist, da sich keine der im Landtag vertretenen Parteien so richtig lieb haben, um mal klare Verhältnisse zu schaffen? Weiterhin ein rechter Egomane als Ministerpräsident?
Für mich hört sich das schon nach Not an. Aber Sie sehen ja eher gerade Ihre Umfrageergebnisse in Not, da setzt man schon mal andere Prioritäten.

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Dienstag, 15. April 2008
Der 68er
Zufrieden schaut er aus, der Silvio. Verständlich, denn Silvio hat das geschafft, was sonst nur Bayern München vollbringen kann. Obwohl ihn das halbe Land hasst und er die italienische politische Kultur nicht gerade mit bahnbrechenden Reformen bereichert hat, wird er wieder an die Spitze zurückkehren. Es wird seine dritte Amtszeit als Ministerpräsident des Landes werden - die 68. Regierung für Italien insgesamt, denn wenn Italiener neben Pizza und Schmachtmusik eines können, dann Politiker in den Wind schießen.

Es ist aber auch eine schwere Kiste mit der Politik in Italien. Regierungskoalitionen muss man sich so vorstellen, wie in Deutschland große Große Großkoalitionen. Vergleichbar als wenn die Regierung aus CDU, CSU, Grüne, NPD, PBC und FDP bestehen würde. Ihr gegenüber auf den Oppositionsbänken säßen Leute von der SPD, Linke, der APPD, den Grauen, der Tierschutzpartei, PRO DM, , die Frauen und vielleicht hier und da noch einzelne Vertreter vom Kleinohrhasenzuchtverein Rheda-Wiedenbrück e.V. und dem DFB. Statt gepflegter Diskussionen gäbe es für Frau Merkel vom Herrn Beck eins auf die Fresse und Guido Westerwelle würde von Claudia Roth als neoliberale Schwulette beschimpft.

Ob der dritte Anlauf von Silvio Berlusconi nun wirklich eine Wende bringt? Die schwebenden Verfahren wegen Korruption hat er jetzt erstmal hinter sich, denn als Ministerpräsident genießt er die Immunität gegenüber solchen lästigen Dingen. Lästig war für Silvio in der Vergangenheit auch immer das Regieren an sich. Einen Fußballclub managen oder sonnengebräunt und geliftet in die Kamera lächeln war eher sein Ding.
Aber vielleicht klappt das mit den Reformen ja doch irgendwann. Die 69. Regierung Italiens steht ja quasi schon von der Tür. Ob die wieder von Berlusconi geführt wird, kann man jetzt noch nicht genau sagen. Vielleicht wäre es an der Zeit für eine Wende mit Sofia Loren als Ministerpräsidentin. Gebräunt (und geliftet) in Kameras lächeln kann die allemal.

Bildquelle: Getty Images

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Montag, 14. April 2008
The Incredible Silvio
Verstehe einer die Italiener! Das wäre ja, als wenn die Deutschen Helmut Kohl wiederwählen würden...

Dies ist eine vorläufige Fassung. Ich gebe demnächst mehr Senf dazu.

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Freitag, 11. April 2008
Panikmache: eine Zusammenfassung
Ich frage mich, wie die Bewohner vom KBD hier so unbeschwert, lockerfröhlichfrei vor sich herleben können? Haben Sie denn alle verdammt nocheins keine Angst, dass etwas passieren kann? Sind Sie wirklich so naiv und erkennen nicht die ganzen Gefahren, die da draußen auf uns lauern und nur warten, dass wir einen falschen Schritt machen? Sie haben Nerven, meine Damen und Herren, Sie haben Nerven! Aber um Sie für dieses Thema zu sensibilisieren, hier eine Auswahl an beängstigenden und panikherbeiführenden Dingen:

1. Die Finanzkrise. Geld bei Landesbanken gebunkert? Jetzt wohl nicht mehr. Sicherer wäre da das altgewährte Kopfkissen oder die Caymans - Liechtenstein fällt ja mittlerweile auch flach.

2. Terroristen. Wahlweise auch Bundesbeamte, die solche ausbilden. Der Terror hockt überall und wartet nur darauf, dass wir unaufmerksam werden. Ein Glück haben wir Wolfgang, der uns vor uns selbst beschützt. Und der BND wird auch immer besser.

3. Demonstranten. Aufdringliche, gewaltbereite Menschen, die sich zusammenraufen und ein sportliches Ereignis stören wollen. Das kennen wir aus dem Fanblock von Dynamo Dresden, aber bei Fackelläufen ist das etwas Neues. Ein Glück gibt es aufdringliche, gewaltbereite Chinesen, die sich dagegenstellen und zeigen, wo der Drache die Eier hat.

4. Rentner. Sie tun so unschuldig und hilflos, wenn man sie im Altenheim besuchen kommt. Aber in der freien WIldbahn nehmen sie dir in der Bahn deinen hart erkämpften Sitzplatz weg. Sie schleichen mit 30 in einer 50-Zone vor dir her. Und jetzt nehmen sie dein Geld weg. Die fleischgewordene Finanzkrise sozusagen.

Bildquelle: Getty Images

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Freitag, 28. März 2008
Fragestunde
Wie lange braucht man jetzt eigentlich zum Flughafen, wenn man ohne Transrapid direkt in den Bahnhof einsteigt, Herr Stoiber?

Deutlich schneller ist man übrigens bei der besten Wahl, die es derzeit in unseren Landen gibt. Viel spannender als der US-Vorwahlkampf, viel fairer als in Russland und einfacher als in Italien. Stimmen Sie doch einfach mal ab! Man gönnt sich ja sonst nichts, oder?

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