Freitag, 25. Juli 2008
Opferung
Ich werde meine Esgewohnheiten ändern müssen. Sprich, ich muss lernen, Frühstücken zu können. Bisher reichten mir morgens zwei Kaffee zum wach werden und dann schlug ich mir mit einer Kleinigkeit die Zeit bis zum frühen Abend, quasi Dinner, tot.
Hier kann ich zwar mittags etwas essen, will es aber nicht, da Berlin teuer ist. Teuer ist nicht gut. Und was nicht gut ist, wird gelassen. Aus der Sturm&Drang-Phase bin ich schließlich seit Jahren heraus. Also muss morgens gefrühstückt werden, damit ich mir die Zeit bis Feierabend schmackhaft machen und mir daheim etwas auf dem Herd günstig, gut und frisch zubereiten kann.

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Donnerstag, 24. Juli 2008
O.
Beim Bowlen, das mit dem Unit-Abend im Zusammenhang stand, habe ich verloren. Soviel dazu. Jetzt kommen wir zu den wichtigeren Themen dieser vergangenen Tage. Während ich Anfang dieser Woche noch typische Lowbudget-Praktikantenarbeiten verrichten durfte ("Wir brauchen verschiedene Arten von Coca Cola-Flaschen für ein Fotoshooting"), arbeite ich mich langsam hoch. Ich mache nicht den Fehler und bin zu schnell, ich mache nicht den Fehler und bin zu langsam. Und ich frage nach Arbeit, das scheint manche dort auch zu beeindrucken. Lange Rede, kurzer Sinn - ich darf jetzt arbeiten. Heute habe ich meine erste größere Rechercheaufgabe mit anschließendem Verfassen eines Thesenpapiers erhalten. Und ab nächste Woche - dann sind die Praktikanten der alten Schule fort geflogen - werde ich Mitglied in einem Arbeitskreis für CSR (Corporate Social Responsibility) werden und dort auch an offiziellen Meetings teilnehmen dürfen.


Heute waren wir dann zur Entspannung nicht Bowlen, sondern Obama schauen. Und obwohl die Familie vor mir eine ganze Batterie an Kindern hervorzauberte und sie auch hübsch fein auf den Schultern tragen musste, habe ich ihn tatsächlich auch gesehen. Erst auf der Leinwand und später, nachdem mich fast ein Wagen der Polizeieskorte überfahren hat, auch in seinem Wagen, der am Potsdamer Platz vorbei seinen Weg zum Adlon suchte. Wäre ich fein genug gewesen, hätte ich vielleicht auch einen Blick im Ritz auf ihn werfen können, wo er angeblich vor seiner Rede noch einmal schnell schwitzen wollte.
Was soll ich großartig sagen, was man nicht in den Nachrichten und diversen Blogs bereits lesen kann. Der Mann ist auch nur ein Politiker, der Reden schwingt. Im Gegensatz zu anderen kann er das aber wenigstens ordentlich. Was alle amerikanischen Medien ständig preisen, stimmt in der Tat: der Mann kann einen mitreißen! Ich kann mir kaum vorstellen, was wir zu Zigtausenden eine Stunde wartend auf einer Straße stehen, um Frau Merkel oder Herrn Beck begeistert zuzujubeln. Dem Gas-Gerd, dem alten Gasserhauer, dem früher vielleicht noch.

Fakt ist, dass mich die Tage schlauchen, egal wie sie am Ende ausgehen. Ob nett zusammensitzend am Küchentisch, ob mit Oberschenkelzerrung auf der Bowlingbahn oder mit massenkompatiblen Veranstaltungen zwischen Brandenburger Tor und Siegessäule. Ich freue mich apathisch auf das Wochenende, das sogar richtig gut werden soll. Ich freue mich auf ein oder zwei Stunden länger schlafen und auf freie Zeit ohne Monitorings, Clippings, Recherche und Meetings. Was mich selber ein wenig überrascht, mehr als erwartet, ich freue mich auf irgendwann, später, wenn dieser ganz bestimmte Tag beginnt.

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Montag, 21. Juli 2008
Willkommen auf der dunklen Seite
Da bin ich nun. Und schnell war ich. Beim letzten Mal war ich noch über fünf Stunden unterwegs gewesen, dieses Mal wurde ich mit Durchschnittstempo 160 quasi nach Berlin geschossen, als wollte Dortmund mich loswerden. Und jetzt hat mich halt Berlin am Hals. Die nächsten zwei bis drei Monate. Je nachdem wie gut ich mich im Praktikum mache und wie lange ich das Leben hier finanzieren kann.

Wie heute gemerkt habe, wird mein Berliner Leben wohl wirklich ausschließlich durch Arbeit geprägt sein. Abends mal die Eier schaukeln und ein Kindl reinhauen? Wenn jeder Tag so wird wie der heutige erste Arbeitstag erlaube ich mir gar nicht erst daran zu denken. Man bedenke: erster Arbeitstag! Ein Tag mit Sätzen wie: "Mach dich erst einmal mit der Serverstruktur und den Projekten vertraut, lies dich in die Berichte ein und dann wird morgen halt richtig gestartet." Okay, ich musste einiges nachholen, was andere in Wochen vorbereitet hatten, aber da ich bei Weitem nicht die Bibel gelesen habe und der halbe Tag aus Organisation bestand, zählt der Tag auch nicht wirklich. Und wenn morgen "richtig gestartet" wird, dann sehe ich für meine Tagesform schwarz.

Mein Arbeitgeber im Praktikum ist eine anerkannte und nicht unbedingt unbedeutende PR-Agentur im Herzen von Berlin. Das Kundenportfolio ist breit gefächert und geht von Krisenkommunikation eines großen Getränkeherstellers über die allgemeine Kommunikationsstrategie eines Telekommunikationsherstellers bis zum Issues Management einer international tätigen privaten Stiftung. Ich bin einer von derzeit rund 15 Praktikanten, die in drei verschiedenen Units tätig sind und den Beratern zuarbeiten. So wie es ausschaut, werde ich meine Tage einerseits mit Recherche, andererseits mit Input-Meetings und Projektplanung verbringen.

Die Abende können hingegen so weitergehen wie der heutige. Eigentlich müde und kaputt war die Neugier auf Infos über die Mitbewohner doch so groß, dass ich mit einem leckeren Bierchen angenehme Küchengespräche geführt habe. Details, habe ich entschieden, werde ich, wenn überhaupt, an späterer Stelle hinzufügen. Jetzt muss für die werte Leserschaft erst einmal die Information reichen, dass ich mit der Entscheidung dieses Zimmer in der Tempelhofer WG zu beziehen zumindest was den Erstkontakt angeht, keinerlei Fehler gemacht habe. Auch, wenn der Kleine am frühen Abend doch recht anstrengend ist. Aber das bin ich ja von Blue gewohnt...

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