Den Glos machen
Nehmen wir ein allgemein politisches Thema zum Anlass mal ein wenig zu menscheln. Nur so ein bisschen, ich brauche das jetzt gerade. Fassen wir uns alle ein Herz, seien mal ehrlich zu uns selbst. Als der Michel Glos gesagt hat, er habe keine Lust mehr und das öffentlich kundtat, forderte ich an dieser Stelle Freiheit für Michel aus den Ketten seines aufgezwungenen Ministeramtes. Und Herr Glos hatte Glück. Man sah ihm an, dass er keinen Nerv mehr auf Wirtschaftskrise und Merkel und Seehofer und diesen ganzen - man verzeihe mir die radikale Wortwahl - Kabinettsscheiß mehr hatte. Und er ging, durfte gehen, wurde vielleicht am Ende mehr gegangen - wen interessiert das heute, Tage nach seinem Ausscheiden, noch. Fakt ist, Michel ist raus.

Das ist das, was er wollte. Das ist das, was er als Bürde die ganzen langen Jahre als grauer und müder Minister ausgesagt hatte, mit seinem ganzen Auftreten schlechthin. Er sagte: Stoiber, du blöder Hund, warum haste das nicht selber gemacht? Und er fragte: Horst Seehofer, du alter Schlawiner, sag doch einfach, dass du mich blöd findest. Michel Glos hatte am Ende den Mut, öffentlich keine Kraft mehr zu haben und hinzuschmeißen. Scheiß auf die Erwartungen der anderen und mach dein Ding! Mach das, was für dich am besten ist! Mach dich nicht weiter kaputt!

Stehen Sie nicht auch manchmal davor den Stoibers, Seehofers und Merkels Ihrer beschaulichen Welt den Stinkefinger zu zeigen und hinzuschmeißen? Nicht mehr das zu machen, was einem tagtäglich aufgebürdet wird, sondern Ihre Erfüllung in dem zu suchen, was Ihnen Spaß macht und was Sie erfüllt? Ich rede nicht von Schwimmen im kristallklaren Wasser am Strand der Kommune mit freier Liebe und so. Gerne auch das, aber bleiben wir mal realistisch. Ich rede von ehrlicher, guter Arbeit, die man sich selber ausgesucht hat und die einen jeden Tag aufs Neue ein gutes Gefühl bereit. Die keine Last ist wie ein bescheidenes Ministeramt.

Sie merken schon, meine werten Leser, ich will Glos sein. Ich bin müde und ausgebrannt. Ich mache mittlerweile Dinge, die ich so anfangs nie tun wollte und die mir einen Scheiß bringen im Leben. Von zerrissenen Nerven, angehenden Magengeschwüren und unsteten Tagesabläufen mal abgesehen. Das, was ich mache, macht mir keinen Spaß mehr. Ganz im Gegenteil, es vergiftet mich langsam immer weiter. Seelisch, körperlich, moralisch. Das süße Gift strahlend manipulativer PR, das möchte ich kösten. Das macht mir Spaß, habe ich gemerkt. Es muss nicht manipulieren, solange es Spaß macht. Derzeit tue ich nichts von alledem. Ich sitze Zeit ab, des Geldes wegen und selbst das ist nicht genug, um all die inneren Qualen aufzuwiegen.

Ich möchte den Glos machen. Sagen, Leute, ihr könnt mich! Ich will das nicht mehr und keiner kann mich aufhalten, wenn ich jetzt meinen Bürostuhl gegen einen anderen austausche und eure beschissene Welt hinter mir lasse. Das Einzige, was mich noch daran hindert ist die fehlende Beamtenpension.

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guenterkrass, Freitag, 20. Februar 2009, 19:11
Oha. Besten Dank hierfür. Aus meinem Arbeitsalltag entspringt langsam auch der Wunsch, den Glos zu machen.

Zivi sein ist eben auch kein Ponyhof. :)

nyxon, Freitag, 20. Februar 2009, 23:32
Hach, Zivizeit. Da kommen Erinnerungen. Damals war alles gut, da spürte ich noch keinen kleinen Glos in mir.

Ponyhof war es aber auch bei mir nicht wirklich :)