Freitag, 8. September 2006
Vom Bahn fahren und Kaffee suchen
Die erste Woche ist vorbei, ich kann mir also eine Reflexion auf diese Tage als Student und den für mich als derzeit einzige studentische Veranstaltung geltenden Mathematikvorkurs erlauben:

1. Es war einfacher als Justizfachangestellter um 05.00 Uhr aufzustehen und in einer fast leeren Bahn zur Arbeit zu fahren.
Derzeit nehme ich eine Bahn, die mit grummeligen Aktentaschenträgern, überparfümierten Frauen und einer Schar von kreischender Kinder vollgestopft ist, die mich allesamt an der Lektüre meiner Tageszeitung hindern. Größere Menschenmassen verunsichern mich, ich fühle mich darin unwohl, doch sie lassen sich im Berufsverkehr ohne Amoklauf nicht vermeiden.

2. Mathematik kann tatsächlich verständlich sein.
Potenzen, Wurzeln, Logarithmen, Summen- und Mengenlehre und zuletzt Aussagelogik - alles Themen, die mich gruselten, die ich aber mittlerweile nachvollziehen und umsetzen kann. Diese Art von Erfolgserlebnis blieb mir in der Mathematik sehr lange verwehrt.

3. Als (Fach)Student siehst du das Leben lockerer.
Auch der Prof im Vorbereitungskurs ist mehr ein netter Kumpel als Lehrkörper. Bestimmt sind nicht alle so, aber man sitzt nicht alleine da, wie vor ein paar Wochen noch im Büro, wo jeder für sich selber kämpfte. "Was halten Sie davon, wenn wir nächsten Freitag zum Abschluss des Kurses was trinken gehen?" Das nenne ich Lehren ziehen!

4. Gehalt war etwas sehr, sehr Schönes.
Diesen Monat muss ich mir keinen Kopf machen, doch je nachdem wann der Bafög-Antrag benehmigt wird und wieviel dabei letztlich herauskommt, könnte der Oktober ein knappes Budget bekommen und den Rückgriff auf Reserven notwendig werden lassen.

5. Irgendwo auf dem Campus-Galände der Ruhr-Uni müssen sich zwei "Edward's" verstecken.
Ich hab drei Jahre, sie zu finden.

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Dienstag, 22. August 2006
Sehr geehrter Herr Nyxon,

haben Sie vielen Dank für die Zusendung Ihres Manuskriptes, das in unserem Lektorat geprüft wurde. Wir müssen Ihnen leider mitteilen, dass Ihr Buch nicht in unsere derzeitige Programmplanung passt.

Jeder eingesandte Text wird gründlich begutachtet, bitte haben Sie trotzdem Verständnis, dass wir aufgrund der großen Anzahl von Einsendungen in unseren Antwortschreiben nicht auf jede im Einzelnen eingehen können.

Für Ihre literarische Arbeit wünschen wir Ihnen weiterhin viel Erfolg.

[...]



Irgendwann verliert man doch den Mut, es weiter zu versuchen...

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Donnerstag, 3. August 2006
Aus einer Rundmail der Leitenden Oberstaatsanwältin
"An alle Bediensteten

Aus gegebenen Anlass weise ich darauf hin, dass der bestehende Internetzugang nur für dienstliche Zwecke zu gebrauchen ist. Die private Nutzung ist untersagt und wird bei entsprechender Missachtung geahndet.
Eine dienstliche Nutzung von Seiten wie www.bild.de, www.mexx.de, www.amazon.de, www.bildkontakt.de sowie www.russenschlampen.com erschließt sich mir nicht, daher wurden diese Seiten für den Zugriff gesperrt.
Weitere Missachtungen der Vorschriften zur Internetnutzung ziehen Disziplinarmaßnahmen nach sich."

[...]

Also wirklich! Das Aufrufen Den dienstlichen Nutzen von www.bild.de kann ich aber auch echt nicht nachvollziehen...

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Dienstag, 1. August 2006
Frotzelmann
"Ich frotzel doch nur ein wenig, das müssen Sie nicht so ernst nehmen".
Tu ich aber! Denn bei Ihnen, mein werter Herr Rechtspfleger, gibt es keinen Unterschied zwischen Frotzeln und dem herablassenden Getue eines "Besserbeamten", der seiner Servicekraft mit hörbarem Unterton sagt, dass sie weniger wert wäre als er..
Weshalb ich denn auf Dies und Das und ja auch noch auf Jenes nicht geachtet hätte... Tja, mein werter Herr Rechtspfleger, weil das vielleicht Ihre hochbezahlte Aufgabe ist? Oder irre ich mich und Sie erhalten nur ein unverschämt hohes Beamtengehalt dafür, in Ihrem Büro zu sitzen und zu "frotzeln"?
Manchmal scheint es mir so. Aber keine Sorge, wenn ich in 6 Wochen aus dem Dienst scheide, kann ich Ihnen mal zeigen, was es heißt mit Akten zu arbeiten. Dann hau ich Ihnen ebendiese nämlich um Ihre hochdotierten Ohren, werter Herr Rechtspfleger!

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Donnerstag, 20. Juli 2006
Hitzestreik
Vor Hitze und Transpiration nicht mehr arbeiten können, das ist einfach. Man setzt sich einfach vollkommen fertig auf seinen Stuhl und sieht gleichzeitig auch völlig fertig aus. Dieser Tage ist das eine Leichtigkeit, selbst für die, die eigentlich arbeiten wollen. Aber völlig fertig sein und dabei völlig fertig aussehen, dabei aber trotzdem konzentriert zu sein, das ist nicht mehr ganz so einfach.

Ich habe heute einfach mal den Larry gemacht, auch wenn sich die rückständige Arbeit von gestern noch auf dem Tisch befand. Ganze dreimal bin ich ans Telefon gegangen, nur ein einziges Mal mehr hat es überhaupt geklingelt und das war auch äußerst gut so. Denn als ich eine ältere Dame angemeckert habe, sie solle, wenn sie mit einer Geldstrafe nicht zufrieden sei, doch das nächste Mal einfach nicht so scheißeblöd sein, eine Straftat zu begehen (und ich habe wirklich "scheißeblöd" zu ihr gesagt!), wusste ich, ich sollte heute am besten nicht mehr mit Publikum oder Anrufern herumhantieren.

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Mittwoch, 19. Juli 2006
Wäre der Flur aus Asphalt...
...er würde Wellen schlagen wie ein ganzes Meer. Die Luft steht - auf dem Flur, wo sonst nur die Hilflosen und die Idioten stehen, damit ihnen geholfen wird. Und dann steht sie noch in den Büros, wo andere eher sitzen. Sitzen und Schwitzen und Schwitzen und Sitzen...

Und als Beweis dafür, dass tatsächlich noch Menschen in der Verwaltung sitzen und keine Maschinen, die nur die Effizienz der Behörde im Blick haben, gab es heute eine ungewöhnliche Rundmail im Verteiler. Ich fühlte mich wie in der Schule, als ich noch Pickel hatte und Blau gemacht hatte. Denn heute durfte ich Blau machen, ganz offiziell. Ab 13.00 Uhr gabs Hitzefrei! Was für nen Ding. Und das, wo doch das Verbrechen kein Hitzfrei nimmt. Oder vielleicht doch, wer weiß. Ich hätte bei der Bullenhitze keine Lust zu arbeiten, wenn ich nicht müsste. Also ihr Gauner, macht mal schön nen Larry! Heute könnt ihr es euch leisten.

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Dienstag, 11. Juli 2006
Zick, zick, eine Unterschrift, zick, zick
Als es heute über den Flur tönte, dass es eine Teambesprechung gäbe, wusste ich es eigentlich schon. Ich konnte es problemlos ahnen, denn eine Teambesprechung gab es in der letzten Zeit immer nur wegen der einen Sache, die wie ein Furunkel an der Rechtsabteilung klebt: Herr M.!
Und tatsächlich: Herr M hat sich nach kaum einer Woche zurück im Dienst (davon war er zwei Tage nur halbtags da und einen Tag hatte er sich Urlaub genommen) direkt wieder krankschreiben lassen. Die meisten von uns vermuten, dass er eigentlich nur frei haben will, um wegzufahren, aber so ein Krankenschein bietet sich da ja besser an...
Frau B., eine junge Kollegin, die mit mir anfing, stellte sich theaterreif quer, seine rückständige Abteilung zu übernehmen, machte es sich lieber bequem ins gemachte Nest einer laufenden, ja sogar vorgearbeiteten Abteilung, und wäre nicht der Anruf der Verwaltung dazwischen gekommen, hätte es Tote gegeben, da Frau M. und Frau F. fast aufeinander losgegangen wären und Frau S. fast vor Wut auf das Leben geplatzt wäre.

Aber der rettende Verwaltungsruf: Vertragsunterzeichnung für die Verlängerung! Ich darf mich jetzt noch bis zum 15.09. mit den hilflosen Stänkern und ahnungslosen Verurteilten herumärgern. Heute frisch ins Angebot dazugekommen: zickige Kolleginnen, frisch von der "In diese Abteilung geh ich nicht rein, verdammt"-Theke.

Achja, ist das Leben nicht fein?!

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Montag, 10. Juli 2006
Der Mann, der wo aus der Telefonzelle anrief
Es sind diese besonderen Momente im Leben, in denen ich merke, wie sehr ich in meinem Beruf gebraucht werde. Diese paar Minuten der Interaktion mit dem gemeinen Volk wecken mich auf, zeigen mir, was ich bin: im besten Fall der erste Ansprechpartner für die Hilflosen, im Normalfall der Arsch vom Dienst und im schlimmsten Fall (der leider viel zu oft vor der Tür steht) der, "wo dann da ist, wenn ich dir die Belege bringen tu".

Ja, ich hab ein Date. Am Donnerstag, um 15.00 Uhr. Den Namen darf ich aus Gründen der Verschwiegenheitsklausel nicht nennen, aber es ist doch nur ein armer Kerl, der "wo, mal gar nicht weiß, weshalb ich Geld zahlen soll", einer der vielen die "total unschuldig und überhaupt" sind und die mal "schnell dann vorbeikommen in das Gebäude, da neben dem Knast" und ihr "Zeugs wegen Raten und so" abgeben wollen.

Natürlich bin ich Diener und Untergebener des weisen Staates und lasse mich duzen - kein Problem. Ich erkläre den Hilfesuchenden, wo sie das Gebäude neben dem Knast wirklich finden und was sie für ihre Raten und so alles mitbringen müssen. Und immer, wenn ich mich bemitleiden möchte, das ich mich mit solchen Fehlgriffen der Menschlichkeit auseinandersetzen muss, zügele ich mich und bin lieber froh, dass ich nicht selber in einer Telefonzelle stehe, mit einer Karte "die wo gleich zuende geht" und dem anderen erkläre, dass ich doch total unsch.... Tuuuuuuut!!!!

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Sonntag, 9. Juli 2006
Justiziares Catchen
Der werte Kollege M. ist zurück - nach fast zehn Wochen chronischer Erkrankung nimmt er mir wieder meine Abteilung weg. Also, eigentlich ist es ja seine Abteilung, aber wenn er schwerkrank fortgeht und man selbst dann in zehn Wochen in verschiedenen Ecken und Schubladen Relikte einer übereifrigen Unkompetenz findet und den Laden wieder zum Laufen bringt, führt das schonmal zu besitzergreifenden Gedanken.

Also, Kollege M. übernimmt wieder seine alte Abteilung. Ich wurde währenddessen wieder als gesogenannten Springer dort eingesetzt, wo das Feuer noch lodert - schließlich haben wir ja acht weitere Büros, in denen ich mich austoben kann.
Und weil nicht alle glücklich sind über Herrn Ms. Rückkehr, wobei mit "nicht alle" eher keiner gemeint ist, gab es auch direkt eine spontane Teambesprechung - eine Versammlung, die man gut mit dem Titel "Herr M ist nächste Woche eh wieder kränklich erkrankt und fort, also beschließen wir Sanktionen, die den Schaden bis dahin eingrenzen".

Kollegin F. konnte sich dann aber ein direktes Wort an Kollege M. nicht verkneifen: "M. ich hab nichts gegen dich, aber als Beamter bist du ein echter Arsch."

Besser hatte ich es mir im Kopf auch nicht formuliert.

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Donnerstag, 29. Juni 2006
Heute ist ein guter Tag...
...denn ich habe erfahren, dass mein Vertrag noch ein wenig verlänget wird. Statt wie bisher im August auszulaufen, wird er jetzt bis Ende September verlängert. Eigentlich der blanke Hohn, wenn man die kurze Verlängerung betrachtet.
Für mich ist es aber perfekt, denn damit schließe ich nahtlos an das Studium an.

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