Donnerstag, 30. August 2007
Virus can do
Prolog

Wenn ein Mobilfunkanbieter einen Billigableger von sich schafft, atmen die meisten Menschen auf. Endlich runter von den hohen Telefonkosten und ab in das überschaubare Niemandsland der Billigtarife. Dass letztlich dasselbe Netz benutzt wird, sollte allen klar sein und gerade deshalb fragt man sich, warum nicht die Mama selber solche Preise anbieten kann, sondern erst etwas Neues geboren werden muss. Das hat in erster Linie Marketinggründe, da man mit zwei an sich unterschiedlichen Produkten verschiedene Segmente abzudecken vermag, ohne sich selbst zu sehr aus dem Fenster zu lehnen. Vergleichbar mit dem Autohersteller, der neben Luxusklassen auch Kleinwagen produziert. Das grüne Plus hierzulande hat das früh erkannt und pushte bereits vor Jahren eine Discountmarke in den Wettbewerb, sozusagen eine Basis für günstiges Telefonieren. Das Mobile T brachte erst vor kurzem einen Anbieter mit Komplettprogramm zur Welt und macht seitdem auf den ersten Blick eher den Fastfoodketten Konkurrenz. Nun beatmet auch der Anbieter mit dem Sauerstoff unseren Markt mit einer Billigmarke, die über den Vertriebsweg eines Lebensmitteldiscounters angeboten werden soll.

Um diese bekannt zu machen, hat man sich eines Marketingmittels bedient, dass durch die Vernetzung über das Internet und die Zwangseingruppierung in verschiedene Netzwerke immer mehr an Bedeutung gewinnt. Virales Marketing. Ein Produkt wird in den Communitys lanciert und soll sich dort mittels stiller Post wie ein Virus im ganzen System der potenziellen Kunden verbreiten. Wikipedia sagt dazu, „die Verbreitung der Nachrichten basiert damit also letztlich auf Mundpropaganda, also der Kommunikation zwischen den Kunden oder Konsumenten.“ Da das Web 2.0 für seine Kommunikationsbereitschaft unter seinen Teilnehmern bekannt ist, eine durchaus potente Strategie. Denn meist sind gerade die, die sich über dieses Instrument aufregen, weil sie sich benutzt fühlen und ihrem Ärger darüber Luft machen, das entscheidende Gewicht. „Ich lasse mich doch nicht als Werbebanner missbrauchen!“, rufen sie aus und erzählen, welches böse Unternehmen ihnen mit welchem bösen Produkt zu welch bösen Konditionen ein Angebot gemacht hat. Und schon ist es zu spät. Das Posting findet sich im Google-Verteiler, als Hit bei Technorati, wird bei anderen, denen es ähnlich gegangen ist oder sich prophylaktisch mit aufregen, verlinkt und schon ist der Virus in der Welt.

Ähnlich zu beobachten bei einer Aktion, die auch letztens bei mir ankam. Ich werde auf Links und Namensnennungen bewusst verzichten, bei mir soll bitte keiner einen direkten Treffer vermelden dürfen, weshalb sämtliche Netzfundstücke auch nur als Screenshots ihren Weg hierher finden.

Als ich diese Email im Posteingang fand, dachte ich erst noch, dass ich jetzt endlich etwas Besonderes sei, dass man mein Potenzial erkannt habe und ich jetzt in den Olymp der Blogger aufsteigen könne. Dann trank ich meinen Kaffee und kam auf den Boden der Tatsachen zurück. Kostenloser Zweimonatstest eines neuen Anbieters und zum Schluss werde ich gebeten, darüber etwas zu schreiben in meiner bekannt liebenswürdigen Art? Weshalb gerade ich, fragte ich mich und ging auf die Suche.


Fortsetzung folgt...

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Montag, 13. August 2007
LKW-Überholverbot: Mütterchen Gemütlichkeit
Später Vormittag, der Berufsverkehr hat sich durch die Nadelöhre der deutschen Autobahnen gezwängt und den Großteil seiner Teilnehmer mehr oder weniger pünktlich ans Ziel gespült. Wir rauschen mit einer harmonischen Lethargie von 130 Stundenkilometern über die linke der beiden Spuren, um einen Ford Fiesta zu überholen, hinter dessen Steuer ein Mütterchen hockt. Einige hundert Meter vor uns sehen wir die beiden Dickhäuter, denken aber noch nicht an das Unheil, das uns bevorsteht. Zwei Lastkraftwagen, dicht hintereinander, der eine ein Lebensmitteltransport, der in bunten Lettern die Frische und Qualität seiner vermeintlichen Fracht anpreist, der andere ein schmuckloser Logistiker, der behauptet europaweit „schnell und kompetent“ die „logistischen Herausforderungen der Globalisierung“ zu meistern. Unser Rausch hält an, doch dann sehen wir das Unvermeidliche – der hintere LKW blinkt und schert auf unsere linke Spur aus. Über uns erscheint eine imaginäre Sprechblase mit anonymisierter Typografie, die unseren Unmut in Form von Totenköpfen, Rauchwolken und Wirbeln wiedergibt. Unser Fuß drückt das Bremspedal nieder, presst uns nach vorne und die Tachonadel ein weites Stück nach unten. Aus einer 130 wird eine 80. Mit mürrischer Miene... [Gib mir den Rest]

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