Mittwoch, 01.08.2007
Der Tag, der nur mir gelten soll, fängt müder und später an als der davor. Meine Oberschenkel schmerzen, was mir zeigt, dass Joggen am Strand nach Sonnenaufgang zwar eine schöne Erfahrung ist, ich mich aber vom Gedanken Joggen doch verabschiede und auf mein Fahrrad warte. Ich fahre in die Stadt – mit dem Auto, schließlich habe ich hier kein Zweirad zur Verfügung. Der Real-Markt bietet mir einen kostenlosen, sicheren Parkplatz, dann geht’s ab. Ich hasche durch die Einkaufsstraße, kaufe die paar Ansichtskarten und spurte los, wie ein Besessener wieder an den Deich. Stadtgetümmel habe ich zuhause, denke ich mir auf dem Weg und lasse mich mit einem tiefen Erleichterungsseufzer auf der Kaimauer nieder. Drei Karten sind schnell geschrieben, bei der letzten gibt der Stift seine ganze letzte Kraft, als wolle er mir demonstrieren, dass jetzt eh Schluss ist mit der Kartenpflicht.
Die Post geht jetzt richtig ab, dann schlendere ich über den Deich und genieße den warmen Sonnenschein auf einer Bank. Es begegnen mir zahlreiche ältere Menschen, aber glücklicherweise ist keiner von denen mit mir verwandt, ich bin also doch irgendwie allein, so wie ich es wollte. An der Küstenspitze kämpfen gleich mehrere mit ihren Lenkdrachen und keiner von denen kriegt es hin. Ich erteile auf eine Entfernung von 200 Metern per Gedankenübertragung gute Ratschläge, aber es hilft nichts. Ich kann mir das Drachenelend nicht länger anschauen und spaziere zurück. Heute gönne ich mir mal richtig was und schon gehen 15 Euro für ein herzhaftes und sehr gutes Fischerfrühstück drauf. Manchmal muss das halt sein. Nach dem Essen schlendere ich doch noch durch die Stadt und mache den Fehler zu unbekümmert zu sein, denn ein Malteser-Freiwilliger fängt mich ab. Fünf Minuten lasse ich mir Bilder von Alten und Kindern, von Unfallopfern und Dikubiti zeigen, dann kaufe ich mich mit dem Argument ein armer Student zu sein aus der Pflicht. Ich lüge ja nicht einmal und zum Beweis nehme ich die Sonnenbrille ab und lasse den jungen Mann in meine Augen schauen. Können diese Augen lügen, scheinen sie zu fragen und der Gute lässt mich ziehen. Ich drehe noch eine Runde durch den kleinen Schlosspark, bevor ich bei Real ein, zwei Dinge einkaufe. Es soll mir keiner unterstellen, ich hätte einen Kundenparkplatz missbraucht. Nachdem ich ein paar Stunden fleißig in die Tasten gehauen habe, fühle ich mich gezwungen einen so schönen, milden Nordseeabend nicht ungenutzt verstreichen zu lassen. Ich pule meine Füße aus den Schuhen und zeige käseweißes Bein, als ich am Strand ankomme und eine Stunde in der warmen Abendsonne im Watt laufen gehe, um endlich auch einmal das Meer bzw. seinen Boden mit zumindest einem Körperteil wahrzunehmen. Es fühlt sich so gut an, dass ich beschließe morgen früher zu kommen, wenn es das Wetter zulässt. Wieder im Zimmer strahlt mich ein junger Mann mit roter Stirn im Spiegel an. Mit etwas Glück ist das morgen Sonnenbraun statt Puterrot.

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