Donnerstag, 11. Januar 2007
DBS - Dezentral-Bochum-Spezial
„Du bist keine Weltstadt!
Auf deiner Königsallee
finden keine Modenschauen statt.
Hier wo das Herz noch zählt, nicht
das große Geld!
Wer wohnt schon in Düsseldorf?

Bochum ich komm aus dir!
Bochum ich häng an dir!“


Herbert Grönemeyer – Bochum (mp3, 3,608 KB)



Ich persönlich muss zwei Dinge zugeben: erstens komme ich nicht aus Bochum, sondern aus dem Bochum seiner Nachbarstadt Dortmund und zweitens mag ich Düsseldorf ganz gerne leiden. Aber das nur nebenbei und weil ich in Bochum studiere und einen Fetisch der Frau Dezentral befriedigen muss, gibt es jetzt Bochum – und das so frei, nett und gut es geht.

Bochum hat eine gute Tat vollbracht – das war 1975 –, es hat sich dreist Wattenscheid einverleibt und ist dadurch gewachsen. Bedauerlicherweise halten immer noch Züge in Wattenscheid und zwar keine unbedeutenden S-Bahnen, sondern gestandene Regionalexpresse. Aber hier soll es ja nicht um Wattenscheid gehen, sondern um seinen Eroberer Bochum. Es liegt günstig zwischen den beiden größten Ruhrgebietsstädten Dortmund und Essen, aber wahrscheinlich würde die Stadt mit seinen rund 380.000 Einwohnern auch alleine gut klarkommen. So profitiert Bochum zusätzlich noch vom Transitverkehr auf der A40, die durch die Stadt führt – wenn auch nicht so imposant wie durch Essen.

Bekannt ist Bochum nicht nur wegen seines berühmten Sohnes Herbert Grönemeyer, der sogar einen seiner populärsten Songs auf den Leib seiner Heimatstadt schrieb, sondern auch weil mit der Ruhr Universität Bochum dort die erste Hochschule im Ruhrgebiet gegründet wurde. Seit 1965 hat sich am Asbest-Atombunker-Nachkriegscharme der Universität nicht viel geändert, zur Zeit lassen sich dort etwa 33.000 Studenten aus aller Welt verseuchen… ähm… belehren. Bekannt ist auch der Fußballverein Vfl Bochum, wenn auch eher aus der zweiten Liga oder, wenn mal in der ersten Liga, vom Tabellenende.

Kultur hielt 1988 in Bochum an oder besser gesagt, fuhr die Kultur in diesem Jahr rasant los, nämlich auf Rollschuhen. Das Musical Starlight Express begeistert noch heute unzählige Besucher und ist das längst gespielte Stück in Deutschland und wenn mich meine Informationen nicht in Stich lassen auch über Deutschlands Grenzen hinaus.
Stets gut besucht und zuletzt die Ein-Millionen-Besucher-Marke geknackt hat das Musikfestival BochumTotal. Jedes Jahr ein kulturelles Ereignis der Extraklasse, denn zumeist lassen sich junge, gute Bands verpflichten. Die Innenstadt wird gesperrt für den Autoverkehr, der es auch schwer hätte, schließlich tummeln sich unzählige Menschen auf dem Hauptstraßenring, Bühnen sind aufgebaut, Fressbuden säumen die Bordsteine und ganz Bochum wird zu einer einzigen Party.
Und natürlich das Naschwerk! Wer kennt sie nicht, die ganzen Bochumer Köstlichkeiten: Die Bochumer Printen zum Beispiel. Ach nee, die kamen ja woanders her. Aber der Bochumer Stollen! Hmmm, nein, der wird auch in einer anderen Gegend gebacken, stimmt ja. Immerhin gibt es in Bochum die Currywurst, da schwört jeder drauf – zumindest die, die es noch nicht bis in die andere Stadt mit B geschafft haben. Sie wissen schon, diese unbedeutende Stadt im Osten, die mit ohne Geld und so, wo man arm und sexy zugleich ist.

Wenn man in Bochum auf der Straße Leute trifft, die auch das Prädikat „Arm“ verdient haben, dann sind die meistens nicht sexy. Leider. Nein, in Bochum ist das wahre, arme Volk zuhause. Auch Armselige sind darunter. Aber auch richtig nette Kracher. Toto und Harry, zum Beispiel. Die beiden Bochumer Polizeibeamten, die in der gleichnamigen Serie auf einem der großen Privatsender aufgefallen sind. An Wochenenden scheint es, als würde ein Großteil Bochums versuchen, sehr viel zu trinken und herumzupöbeln, nur damit Toto und Harry kommen und sie zurechtweisen. Jeder, der schon einmal den beiden gegenüberstand, weiß, dass es eine große Ehre ist. Besser ist es eigentlich nur, wenn man sie nicht trifft.

Jung ist Bochum, auch mit stolzen 686 Frühlingen auf dem Buckel! Zumindest aus den Augen eines Studenten, denn welcher Ableger dieser Sorte würde es nicht klasse finden, in der Innenstadt einen wahren Pool an Kneipen, Bars, Cafés und Discos vorzufinden. Das Bermuda3Eck ist ein Sammelbecken für Feierfreudige und hat somit die höchste Kneipendichte im Pott. Mit anderen Worten kann man tendenziell hier die meisten kotzenden Jungen Erwachsenen in NRW beobachten. Das mag am städtischen Fiege Pils liegen, möchte man meinen, denn Fiege ist nicht gerade das beste Bier wo gibt. Meine bescheidene Meinung. Also, Frau Dezentral, wenn Sie hier mal einer Stadtführung auftauchen, dann machen wir um Fiege bitte einen großen Bogen, ja? Übrigens gibt es hier auch leichte Mädchen, aber das hat erstens mit Ihnen nichts zutun, sondern fiel mir nur so ein und ist zweitens auch eher unwichtig. Vielleicht später noch, wer weiß.

Zu den Sternen reisen kann man im städtischen Planetarium. Sich unter Tage fühlen ist im Bergbau Museum möglich. Wen es ans Wasser treibt, hat am Kemnader See, einen der mittlerweile sechs Ruhrstauseen, die besten Möglichkeiten. Und auf dem Boden der Tatsachen bleibt man am besten bei einem Spiel des Vfl…

Das alles und noch viel mehr ist Bochum. Keine Stadt von Welt, aber auch kein trostloser Fleck auf Erden. Kein Ort, der eine bekannte Altstadt oder Weltkulturerben zu bieten hat, aber auch kein Platz, uninteressanter Art. Ur-Bochumer reden von ihrer Stadt wie von einer schillernden Metropole - irgendwas muss diese Stadt also richtig gemacht haben. Fiege war es eindeutig nicht...

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