... in die Zukunft
Sonntag, 18. Januar 2009
Freakshow Hessen
Am Sonntag, 18. Jan 2009
Denken Sie sich auch manchmal: Den kenne ich doch?! Und dann fällt es einem wie Schuppen von den politikmüden Augen, dass der tatsächlich schon früher da war und eigentlich nicht mehr da sein sollte. Die Rede ist von Roland Koch, der Big Brother von Hessen, der eigentlich längst abgesetzt war. Vor etwa einem Jahr nominierten ihn die Wähler von Hessen für die Hölle - politische Bedeutungslosigkeit. Statt seiner sollte eine leicht verwirrte Frau namens Ypsilanti in den Himmel - nennen wir ihn salopp Hessische Staatskanzlei.
Frau Ypsilanti hätte dort eigentlich Chefin werden sollen. Aber weil sie verwirrt war und mit den Grünen keine eigene Mehrheit hatte, wollte sie die Linken mit ins Boot holen. Die Linken waren zum ersten Mal in Hessen dabei, deshalb waren sie ganz glücklich über die Nachricht Macht zu erhalten, ohne etwas zu tun. Die Linken sind also so etwas wie Dieter Bohlen. Blöd für Frau Ypsilanti war nur, dass sie im Wahlkampf noch gesagt hatte, dass sie nie mit Dieter Bohlen ins Bett gehen wolle. Dass sie es nun doch in Erwägung zog, um Chefin von Hessen zu werden, fand man allgemein eher uncool..
Das nahmen ihr deshalb auch der Reihe nach Leute übel. Erst die hessische CDU, die sie an ihr No-Go-Versprechen aus dem Wahlkampf erinnerte. Dann irgendwann die Bundes-SPD, aber Kurt Beck wollte lieber kuscheln und sagte, dass Ypsilanti mal schön selber auf die Fresse fallen solle. Hat der Kurt natürlich schöner gesagt, aber eigentlich so gemeint. Kurt Beck kennen Sie doch noch, oder?
Zu Frau Ypsilantis Pech stand ihre eigene Partei aber nicht mehr hinter ihr und als es ums Eingemachte ging, ging nichts mehr und deshalb ging auch Ypsilanti. Allerdings nur vor die Presse, um zu sagen, dass es nicht ginge. In die Hölle gehen, nur weil man Wahlversprechen bricht und ein Jahr lang Mist zusammenbastelt? Nicht mit Frau Ypsilanti! Roland Koch hat das schließlich zehn Jahre gemacht...
Jetzt waren Neuwahlen angesagt und statt der Frau Ypsilanti nomierte die hessiche SPD einen komisch aussehenden Mann mit Brille und Hackfresse. Thorsten Schäfer-Gümbel ist damit quasi der Gegenentwurf zu Roland Koch. Seine Äußerung, dass er einen Schönheitswettbewerb gegen Koch haushoch gewinnen würde, lassen mir mal dahin gestellt - Freakshows laufen ja ganz gut im Privatfernsehen.
Herr Schäfer-Gümbel wird sich wohl aller Voraussicht nach das schlechteste SPD-Ergebnis in Hessen seit überhaupt und generell eingefangen. Das liegt aber wohl am Ypsilanti-Zauber, denn die Frau ist ähnlich wie Herr Koch nicht totzukriegen. Big Brother ist also zurück und Frau Ypsilanti sagt wahrscheinlich jetzt doch bald Tschüss und heuert dann bei 9Live an. Das macht man so, wenn man aus dem Haus rausgewählt wird.
Permalink (4 Kommentare) Kommentieren
Montag, 22. September 2008
Gone with the sin
Am Montag, 22. Sep 2008 im Topic 'Wenigkeit...'
Zurück und doch immer noch fort.
Permalink (3 Kommentare) Kommentieren
Samstag, 20. September 2008
In der Lobby brennt noch Licht
Am Samstag, 20. Sep 2008 im Topic 'Political Improvisation'
Das ist das Motto der zweitägigen Fachkonferenz des Netzwerk Recherche in den Räumlichkeiten der Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin. Es wird zu einem unglaublichen Running Gag, dass ich mich zu Veranstaltungen des Netzwerk Recherche anmelde und Tage darauf feststelle, dass mein Chef dort Teilnehmer an einer Podiumsdiskussion oder Referentenkommentator ist. Im Sommer, auf der Jahreskonferenz in Hamburg, war es der Leiter meines Studiengangs, der sich rechtfertigen musste, dass er einen Studiengang anbietet, der sowohl für den Journalismus als auch dessen bösen Zwillingsschwester, die Public Relations, ausbildet. Dieses Mal ist es der Chef der PR Agentur – Achtung, es folgt die Premiere, dass ich meinen Arbeitgeber zum ersten Mal bei Namen nenne! - Johanssen + Kretschmer, der sich für einen Kommentar hergeben muss. Wie er sich schlagen wird, zeigt sich heute.
Der gestrige Tag diente der allgemeinen Einleitung in das Thema Lobbying. Es ist kein großes Geheimnis, dass unser politisches System von Interessenvertretern unterschiedlicher Couleur und unterschiedlichster Neigung durchzogen, ja geradezu „verseucht“ ist, wie es Thilo Sarrazin, Berliner Finanzsenator, äußerst treffend formulierte. An solcher Interessenvertretung sehe ich per se nichts Verkehrtes. Mag sein, dass heute noch der PR-Mensch aus mir spricht, aber ich bin der Überzeugung, dass die Politik sich soweit vom Bürger und seinen Bedürfnissen entfernt hat, dass sie selber nicht mehr weiß, was gut ist für ihren Schützling. Ob ausgerechnet Wirtschaftsvertreter und ihresgleichen das besser wissen, sei dahergestellt, aber sie wissen allemal was für die Wirtschaft und den öffentlichen Sektor gut ist und so etwas ist nicht rundweg schlecht für den Bürger. Das Bild, das man früher von Lobbyisten hatte, vornehmlich Männer in Anzügen, die mit den Volksvertretern in rauchiger Runde sitzen und sich gegenseitig auf die Schulter klopfen während sie Zigarre rauchen und über ihre Wünsche sprechen, trifft nicht mehr wirklich zu. Heutzutage sitzen die Lobbyisten teilweise direkt in den Büros des Bundetages, arbeiten in den Abteilungen mit oder sitzen zumindest mit den Fachpolitikern in den wichtigen Runden. Sie manipulieren nicht mehr, sie gestalten mit – was immer noch Manipulation ist, keine Frage, aber in einem Rahmen, den wir uns alle absteccken können. Manipulation am Manne sozusagen. Millionen Frauen machen das täglich mit ihren Ehemännern, um die Kreditkarte zu erhalten.
Erwähnenswert als Redner ist Lothar Binding, derzeit Abgeordneter der SPD im Deutschen Bundestag. Er erzählte in einem frischen, vollkommen frei vorgetragenen Stil von seinen Erfahrungen aus den Hinterzimmern. Dort tauchte ein Papier auf, welches dem Umgang mit der Zigarettenindustrie zum Thema hatte – formuliert von der Zigarettenindustrie selbst. Wer es dort auf den Konferenztisch gelegt hatte, ließ sich bis heute nicht aufdecken. Binding folgerte daraus, dass es überall in den politischen Strukturen lobbyistische Einflüsse gebe, auch dort, wo man sie in erster Linie nicht vermuten würde oder auch fernab von allen Knotenpunkten mit dem Interessensverband. Und weil er sich mit Rauch und allem drum herum besonders auskannte, schloss er auch mit den süffisanten Worten, dass wir „für jeden alten Raucher, den wir kennen, einen jüngeren Raucher niemals kennen lernen können, weil der schon tot ist.“
Bildquellen: Netzwerk Recherche; Deutscher Bundestag
Der gestrige Tag diente der allgemeinen Einleitung in das Thema Lobbying. Es ist kein großes Geheimnis, dass unser politisches System von Interessenvertretern unterschiedlicher Couleur und unterschiedlichster Neigung durchzogen, ja geradezu „verseucht“ ist, wie es Thilo Sarrazin, Berliner Finanzsenator, äußerst treffend formulierte. An solcher Interessenvertretung sehe ich per se nichts Verkehrtes. Mag sein, dass heute noch der PR-Mensch aus mir spricht, aber ich bin der Überzeugung, dass die Politik sich soweit vom Bürger und seinen Bedürfnissen entfernt hat, dass sie selber nicht mehr weiß, was gut ist für ihren Schützling. Ob ausgerechnet Wirtschaftsvertreter und ihresgleichen das besser wissen, sei dahergestellt, aber sie wissen allemal was für die Wirtschaft und den öffentlichen Sektor gut ist und so etwas ist nicht rundweg schlecht für den Bürger. Das Bild, das man früher von Lobbyisten hatte, vornehmlich Männer in Anzügen, die mit den Volksvertretern in rauchiger Runde sitzen und sich gegenseitig auf die Schulter klopfen während sie Zigarre rauchen und über ihre Wünsche sprechen, trifft nicht mehr wirklich zu. Heutzutage sitzen die Lobbyisten teilweise direkt in den Büros des Bundetages, arbeiten in den Abteilungen mit oder sitzen zumindest mit den Fachpolitikern in den wichtigen Runden. Sie manipulieren nicht mehr, sie gestalten mit – was immer noch Manipulation ist, keine Frage, aber in einem Rahmen, den wir uns alle absteccken können. Manipulation am Manne sozusagen. Millionen Frauen machen das täglich mit ihren Ehemännern, um die Kreditkarte zu erhalten.
Erwähnenswert als Redner ist Lothar Binding, derzeit Abgeordneter der SPD im Deutschen Bundestag. Er erzählte in einem frischen, vollkommen frei vorgetragenen Stil von seinen Erfahrungen aus den Hinterzimmern. Dort tauchte ein Papier auf, welches dem Umgang mit der Zigarettenindustrie zum Thema hatte – formuliert von der Zigarettenindustrie selbst. Wer es dort auf den Konferenztisch gelegt hatte, ließ sich bis heute nicht aufdecken. Binding folgerte daraus, dass es überall in den politischen Strukturen lobbyistische Einflüsse gebe, auch dort, wo man sie in erster Linie nicht vermuten würde oder auch fernab von allen Knotenpunkten mit dem Interessensverband. Und weil er sich mit Rauch und allem drum herum besonders auskannte, schloss er auch mit den süffisanten Worten, dass wir „für jeden alten Raucher, den wir kennen, einen jüngeren Raucher niemals kennen lernen können, weil der schon tot ist.“
Bildquellen: Netzwerk Recherche; Deutscher Bundestag
Permalink (0 Kommentare) Kommentieren