Benazir Bhutto (1953 - 2007)
Es gibt ein paar Länder, in denen eine Diktatur herrscht, die aber aus Rücksichtnahme auf internationale Beschlüsse nicht so genannt wird. In Russland ist das zum Beispiel so. In China ebenfalls. In Pakistan ist Präsident Musharraf an der Macht und auch wenn er mittlerweile seinen Militärrang an den Nagel gehangen hat und ziviler Präsident sein möchte, wird in seinem Land immer noch diktatorisch gehandelt.

Heute wurde die beim Volk beliebte und für Demokratie einstehende Oppositionsführerin Benazir Bhutto bei einem Anschlag getötet. Ein Attentäter schoss erst auf sie und sprengte sich dann in die Luft. Bhutto wurden bei den Wahlen Mitte Januar gute Chancen gegeben, Musharraf im Präsidentenamt zu beerben und einen Hauch von Demokratie nach Pakistan zu tragen. Ohne sie als Leitfigur ist die Möglichkeit sehr viel größer, dass Musharraf an der Macht bleiben und den Status Quo aufrechterhalten kann. Als Militärchef ist ihm ein Vertrauter gefolgt.

Durch Bhuttos Tod ist der amtierende Präsident ein Stück weit sicherer und der demokratische Gedanke einen kleinen Tod gestorben.

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gorillaschnitzel, Donnerstag, 27. Dezember 2007, 16:58
Das ist zwar tragisch und sehr bedauerlich, aber sorry: Benazir Bhutto ist nun eben nicht die eingefleischte Demokratin gewesen. Sie war bereits 2 x Ministerpräsidentin Pakistans und hat -freundlich gesagt- eine mittlere Korruptionskatastrophe (u.a. auch die Unterstützung und Finanzierung der Taliban in Afghanistan durch den pakistanischen Geheimdienst ISI) hinterlassen.
Ich glaube kaum, dass Pakistan in irgendeiner Form demokratischersichererberechnebarer geworden wäre, wenn sie zum 3. x das Land regiert hätte...

nyxon, Donnerstag, 27. Dezember 2007, 17:39
Du vergisst zu erwähnen, dass es sich um Korruptionsvorwürfe gehandelt hat, die im ersten Fall nie zur Anklage gereicht haben und im zweiten Fall das entsprechende Urteil letztlich durch das höchste Gericht aufgehoben worden war. Was natürlich nicht heißt, dass sie nicht rechtens waren, diese Vorwürfe.
Dass sie die Taliban unterstützt hat/haben soll, ist mir neu, dazu kann ich also nichts sagen bzw. beurteilen. Allerdings waren es unter anderem ja auch die Islamisten in Pakistan, die mit Mordanschlägen ihr gegenüber gedroht hatten.

Aber dass ein demokratisch gewähltes Staatsoberhaupt besser ist als ein Machthaber, der sich jahrelang durch einen Militärputsch in dieser Position hält und sein Land in den Ausnahmezustand versetzt, um Verluste zu kompensieren, finde ich frei von der Not einer Diskussion.

gorillaschnitzel, Freitag, 28. Dezember 2007, 10:34
Ich bin nur der Ansicht, dass die Frau nicht als Gallionsfigur einer -halbwegs funktionierenden- Demokratie taugte. Gallionsfigur der Opposition meinetwegen, nicht aber als Vorbild einer Republik, die eben nicht auf Korruption und Vetternwirtschaft setzt...

Die Taliban wurden durchgängig von allen pakistanischen Regierungen unterstützt (und v.a. vom Geheimdienst gefördert). Bis eben zum 11. September.

In Sachen Militär: Es mag nicht unbedingt schön sein, aber es gibt Länder, in denen das Militär sowas wie ein Regulator ist (in gewisser Weise gilt das etwa für die Türkei). In Pakistan stellt das Militär -das mag uns nun gefallen oder vermutlich eher nicht- meiner Ansicht nach die einzig verlässliche Konstante, die das Land einigermaßen zusammenhält (und verfügt über Betriebe, Industrien und sonstige Wirtschaftsbetriebe), eine Tatsache, die ich für nicht unbedeutend halte angesichts dessen, dass weite Teile ziemlich unregierbar sind (Waziristan, Belutschistan etc.). Natürlich wären demokratische Zivilregierungen zu begrüßen und mir wäre diese Option auch lieber, im "Fall Musharraf" allerdings muss man auch dazusagen, dass dieser zivile Freiheiten erlaubt hat, die die zivilen Regierungen Bhutto und Sharif nicht entfernt in Erwägung gezogen hatten. Das, was er nun via Ausnahmezustand zurückfährt, hat zuvor erst gar nicht bestanden.

nyxon, Samstag, 29. Dezember 2007, 13:45
Alles gute Argumente, die ich sehr gut nachvollziehen kann. Pakistan ist eben auch eines der vielen Länder, die nicht auf die Art und Weise wie z.B. Deutschland regiert werden können. Schaut man sich die derzeitige Sicherheitslage im Land an (nicht erst seit dem Mordanschlag), ist eine entmilitarisierte Demokratie auch nicht wirklich denkbar.

Ich glaube immer noch, dass Bhutto eine Chance für Pakistan hätte sein können - die vergangenen Korruptionsvorwürfe und misslungenen Regierungsjahre zum Trotz -, da sie, wenn schon nicht lupenreine Demokratin, immerhin ein seriöses Gegengewicht zur Militärmacht Musharrafs hätte geben können.