Montag, 3. September 2007
Virus can do
Hauptteil 1

Neben mir hatten an dem Tag noch mindestens zwei Dutzend andere genau dieselbe Mail erhalten. Einzig die Personendaten waren dem Empfänger angepasst worden, das kennt man ja von Serienbriefen. Zahllose Blogpostings kamen zum Vorschein, die sich über diese aggressive Werbestrategie erzürnten und sich für so einen Schund nicht hergeben wollten. „Ich bin nicht käuflich“, das war einer der sinngemäß am häufigsten auftretenden Sätze, aber auch klare Erkenntnisse wie „Das ist doch Spam“ oder auch „Das sieht mir sehr nach viralem Marketing aus“. Letzteres war offensichtlich, wenn man sich den Webauftritt der Leute ansah, die die Mail verfasst hatten, der das Zauberwort „Viral“ bereits im Titel trägt.

Dass virales Marketing sich dadurch auszeichnet, mit wenig Zeit- und Kostenaufwand möglichst weit ins Gespräch zu kommen, schien den meisten klar, aber statt sich zurückzuhalten und die Kampagne durch Stillschweigen zum Kentern zu bringen, meldeten sich die meisten offen zu Wort. Sowohl die Domain der Mailverfasser als auch der Name der Mobilfunkanbieters, der vermarktet werden sollte, wurden munter in den Beiträgen genannt, zerrissen zwar mit scharfen Worten und Anfeindungen, aber in welchem Zusammenhang der Virus genannt wird, ist Google herzlich egal und damit wohl auch letztlich dem Mutterkonzern der neuen Marke. Aus einem Dutzend Treffer bei Technorati wurden über ein paar Nächte hinweg doppelt so viele, von unserer Lieblingssuchmaschine gar nicht erst zu sprechen.

Auf meine Nachfrage, in welchem Zusammenhang die Domain mit dem neuen Anbieter stehe, bekam ich nur eine weitere Serienmail, die meine Frage nach der Konstellation nicht beantwortete, sondern nur eine Art Pressemitteilung zum Inhalt hatte. Der neue Anbieter sei eine Tochter des Sauerstoffs und solle im Prepaid-Bereich neue Maßstäbe setzen. Außerdem ginge ich natürlich keinerlei Verpflichtungen ein, falls ich mich zum Mitmachen beim Zweimonatstest entscheiden sollte. Soweit so gut. Während sich in den anderen Blogs immer mehr darüber aufregten und dem Virus ordentlich Angriffsflächen boten, blieb ich sachlich und gab meine Packstation als Lieferadresse an. Mittlerweile sollte nun auch die SIM-Karte eintrudeln, damit ich testen kann, wie toll sie sich in mein Handy schmiegt. Wenn es denn funktioniert und mein Gerät sich nicht als gelockt erweist.

Mein Test soll allerdings in die Richtung des viralen Marketings gehen. Wie erfolgreich wird der neue Anbieter seinen Namen in das Netz setzen können? Wird die Flut der Namensnennungen noch zunehmen und wer wird zum Schluss doch noch positive Worte dazu finden? Besonders auf einer Seite wird seit Eintreffen der Werbemail in konstanten Abständen immer wieder ein so genanntes Update zur Situation bereitgestellt, das seltsamerweise immer wieder auf den Namen und die mittlerweile bekannten Vorteile der neuen Marke aufmerksam macht. Könnte hier vielleicht doch eine Seite gekauft worden sein, entgegen der Aussage der Marketingdomain, die darauf hinweist, bei dieser Aktion keine gekauften, sondern freie Blogger geworben zu haben? Wir werden sehen, was sich in den nächsten Tagen entwickelt, wenn endlich die Hardware eingetroffen ist. Wenn ich die denn mit einer Packstation als Adresse überhaupt bekomme, könnte ich doch ein böser Junge sein, weil ich meine Postanschrift nicht herausgebe.


Fortsetzung folgt...

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