Freitag, 5. Oktober 2007
Second Life
Er trägt seinen Bart jetzt kürzer, ich dafür mein Haupthaar länger. Sonst hat sich nicht viel geändert. Wir haben als Treffpunkt die Bahnhofshalle im Essener Hauptbahnhof ausgemacht, vor dem Reisecenter, so wie wir es vor zwei Jahren zuletzt auch getan haben. Ich betrete die Bühne mit einer sexy Blondine - einer meiner Kommilitoninnen, die weiter nach Düsseldorf fährt -, er trägt dafür ansehnlichen Nadelstreifen.
Ich bemerke, dass ihm dieser gut steht, er kann sich im Gegenzug für meine längeren Haare begeistern. Wir gehen in die Bar unseres Vertrauens. Er nimmt Pils, ich ein Weizen. Keiner von uns hat in den vergangenen zwei Jahren soviel erlebt, dass es wirklich etwas schockierend Neues gäbe. Neu ist nur, dass wir jetzt wieder hier zusammensitzen. Ich erzähle von meiner neuen Studienpassion, von Blue und vom Mobilen T. Er erzählt, was er nach seinem Studium im Unternehmen getan hat, beichtet, dass er sich seiner Sache nicht ganz sicher ist. Er ist im Projektmanagement tätig, hat mittlerweile einen unbefristeten Vertrag.

Dann kommt das Gespräch auf das Thema "Frau". Das Thema, das unsere siebenjährige Freundschaft in Stücke riss und zu zwei Jahren Funkstille führte. Als wir letztes Weihnachten miteinander sprachen, ging das gut. Wir haben auch schon dort das vitale Thema zur Sprache gebracht. Und auch heute. Es ist kein Problem mehr, kein Tabu, darüber zu reden. Wir sind uns einig, dass wir zum Teil gegeneinander ausgespielt wurden und dass wir uns eine Zeit lang geradewohl gehasst haben. Und dennoch sitzen wir hier zusammen, trinken zusammen Bier und stellen fest, dass wir uns gar nicht so sehr verändert haben, wie zu Anfang befürchtet.

Am Ende sitze ich auf den Stufen vor der Reinoldikirche und warte auf den NE8. Meine Finger tipseln ein "Bilanz nach einem sehr angenehmen und traditionell angehauchten Abend: Gerne wieder!" in das Handy. Kurz darauf kommt ein "Auch mein Fazit: sehr netter Abend, der auf jeden Fall eine Fortsetzung verdient hat" zu mir zurück. Manches geht halt immer und sowieso trifft man sich immer zweimal und mehr im Leben.

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