Ruhig Blut in Wallung
Im Großen und Ganzen bin ich ein ruhiger und bodenständiger Mensch. Um mich nervös zu machen oder aus der Haut fahren zu lassen, muss selbst eine Schar von Kleinkindern einen persönlichen dritten Weltkrieg in Gang setzen, bevor ich durchdrehe. Vor ein paar Jahren blieb ich mit einer kleinen Gruppe von Freunden im Fahrstuhl stecken. Allgemeine Panik brach aus und ich ließ einen Spruch von der Leine, der nicht zur Beruhigung beitrug: "Wir sollten mal alle lieber ruhig bleiben, damit uns hier drin nicht die Luft ausgeht." Ein Glück, dass es nach zehn Minuten Stillstand weiterging.

Wenn ich aber Zeitpläne habe, die ich gerne einhalten mag, dann werde ich unruhig, denn Pläne einhalten, die ich mir zusammengeschustert habe, ist ein großes Hobby von mir. Abfahrt nach A um XY Uhr, von dort aus nach B um YZ Uhr und dann Rückfahrt gegen Z Uhr mit einem Zeitpolster von so und soviel Minuten. Und das geht alles auch mit anderen Terminen und nicht nur mit Fahrten!
Wenn ich die letzten Tage in meinen Briefkasten schaue, werde ich nervös und wütend und dann wieder nervös. Denn mittlerweile ist es nur noch eine Woche hin bis zur Einführungsveranstaltung an meiner neuen FH. Und ich bin einer von wenigen, die bisher immer noch keine Unterlagen erhalten haben. Am Telefon werde ich vertröstet: "Es zieht sich alles noch ein wenig hin, aber wir arbeiten daran und haben Sie nicht vergessen." Das ist schön, dass man an mich denkt. Noch schöner wäre es, mir einen Gruß per Brief zu schreiben, mit dem Inhalt der "vorläufigen Einschreibungsunterlagen", denn seltsamerweise ist die Verwaltung mit der offiziellen Einschreibung bei allen mehr als überfordert.

Die Inkompetenz der Fachhochschule kostet mich nicht nur Nerven, sondern auch Geld. In den letzten beiden Wochen hatte ich einige Termine, die ich gerne mit dem Zug oder dem Bus abgefahren wäre. Stattdessen musste ich das Auto nehmen, da ich ohne Semesterticket auskommen muss. Mein Arbeitgeber wartet seit Ende August auf die Studentenbescheinigung, die meinen Vertrag als studentische Hilfskraft rechtfertigt. Ich habe in diesem Monat über 200 Euro weniger zur Verfügung, weil auch die Stellen für Halbwaisengeld und Hinterbliebenenrente nicht ohne Bescheinigung den Anspruch verlängern. Von den Kosten, die auflaufen für Beruhigungsmittel, Färbemittel zur Grauhaarabdeckung und Sorgenfaltenglättung will ich erst gar nicht sprechen...

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gorillaschnitzel, Montag, 10. September 2007, 20:10
.....einfach mal gen Afrika. Dort sterben - v.a. Zeit- - Pläne in aller Regel innerhalb weniger Stunden.

nyxon, Dienstag, 11. September 2007, 09:43
Dann wäre das nichts für mich - ich brauche meine Pläne. Das ist es auch, was mich im Urlaub richtig entspannen lässt, dass ich von meinen Plänen Abstand nehmen kann.

gorillaschnitzel, Dienstag, 11. September 2007, 09:54
Dann aber wäre das doch was. So völlig planlos und entspannt von allen Plänen sich treiben lassen.

Oder Spanien/ Lateinamerika, wo man lernt, das Wort "manana" niemals - wirklich niemals- wörtlich zu übersetzen.

nyxon, Dienstag, 11. September 2007, 17:00
Wenn ich nicht Zeit und Geld im Blick hätte, was beides solche schönen Möglichkeiten derzeit zu einer großen Unmöglichkeit werden lässt, im Blick haben müsste, wäre ich schon längst weg *seufz*

Denn sich einige Tage in schönem Umfeld mit entspannten Leuten einfach treiben zu lassen, wäre wirklich göttlich.