Freitag, 22. Dezember 2006
Vorweihnachtliche Fiktionstheorien
Der Mantel sieht gut aus, ist aber viel zu warm. Es ist mein Wintermantel und ich wollte winterlich aussehen, aber es ist eindeutig zu unwinterlich für diesen Mantel.
Die Menschen zwängen sich an mir vorbei, hetzen in das nächste große Kaufhaus oder wahlweise an den nächsten Glühweinstand. Kurz bin ich versucht, zu letzterem zu folgen, aber alleine Glühwein trinken ist öde.

Ich mag diese Masse nicht. Ich fühle mich in ihr unwohl und wenn ich irgendwann einmal berühmt bin, dann werde ich einer der Berühmten sein, denen ihr Privatleben heilig ist und die zurückgezogen leben und lieber ein Schatten der Berühmtheit sind als das gleißende Licht selbst.
Monk würde an meiner Stelle sagen: "Ein Weihnachtsmarkt mit diesen vielen Menschen liegt außerhalb meines Wohlfühlbereichs."

Wie groß der Einfluss von unterhaltenden Fernsehserien ist, wird mir auch direkt unter Beweis gestellt. An mir spaziert ein Paar vorbei, die Frau heillos aufgeregt und keifend über das Verhalten eines Mannes.
"Männer sind doch alle Arschlöcher, die die Frauen wechseln und sich an der Eroberung aufgeilen." Der Mann, Verständnis heuchelnd, versucht einen Trumpf zu spielen, indem er antwortet: "Wir haben doch immer gemeinsam Sex and the City geschaut, da wurde aber ein ganz anderes Bild vermittelt."
Die Frau schaut ihn irritiert an. Fast möchte ich glauben, sie hat ein Gegenargument, man solle sich nicht anhand von Fiktionen das Leben erklären lassen. "Das kannst du gar nicht vergleichen", beginnt sie vielversprechend. "Die haben ja keinem Mann ernsthaft wehgetan oder das Herz gebrochen."
Kann man das so sagen? Ich habs nie geschaut.

Weihnachten scheint auch träge und faul zu machen. Im Edward's ist bis 18.00 Uhr Selbstbedienung, man muss sich also Getränke und Essen an der Theke selber bestellen und irgendwann abholen. Eine Gruppe Mitdreißiger fand das anscheinend zu anstrengend und zeitraubend.
"Was? Selbstbedienung? Und dann auch noch holen. Komm, wir gehen!", meinte eine der Damen. "Wir gehen lieber zu XY."
"Die sind aber teurer und du musst doppelt solange auf das Essen warten."
"Und die Bedienungen sind da super unfreundlich."
"Die sind freundlich genug, weil sie das Essen wenigstens an den Tisch bringen", erwidert die Dame gereizt und rauscht hinaus.

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