Samstag, 9. Juni 2007
Scheinheiligendamm
Jetzt schlafen sie also wieder alle in ihren eigenen Betten oder in denen ihrer Geliebten. Der Zaun ist offen und wird wie die Berliner Mauer häppchenweise verschachert. Straßen sind wieder befahrbar. Zurück bleiben Anwohner, die sich fragen, weshalb, und Bauern, die sich fragen wieviel und wann.

Was also hat der Gipfel gebracht. George W. Bush eine Magenverstimmung, das ist schon mal ein kleiner Erfolg. Einer Handvoll Politikern Sonnenschein, gutes Essen und etwas Strandfeeling. Ein DDR-Revival, schließlich kann man sich nach fast zwei Jahrzehnten Einheit schon ein wenig nach Sperranlagen, Demoverboten und Massenpolizeieinsätzen sehnen. Selbst die Vertreter der "Schurkenstaaten" USA und Großbritannien dürften sich heimisch gefühlt haben, wurden doch extra für manche Demonstranten Käfige à la Guantanamo aufgestellt.

Gab es denn für 100 Millionen Euro Steuergelder und eine Woche Ausnahmezustand konkrete Einigungen? Von der Merkelschen 2-Grad-Klausel keine Rede, aber eine Halbierung der Emissionen bis 2050 wird "ernsthaft in Betracht" gezogen. Nordkorea und Iran basteln Bomben und die G8 sind "besorgt" darüber. Bush und Putin haben miteinander über das Raketenschutzschild gesprochen, es wird dennoch in Polen und Tschechien gebaut. "Weder die US-Pläne noch die polnischen richten sich gegen Russland", sagte der polnische Präsident Kaczynski.

Insgesamt viele Versprechungen und Verantwortungsbekundungen. Die gibt es jedes Jahr auf Neue und irgendwann rudern manche Nationen doch wieder zurück und lassen sich wegen nationalen Notlagen oder Regierungswechseln entschuldigen. Klare Pläne, ehrgeizige Reformschritte und ernstzunehmende Handlungen bleiben mehr Schein als Sein.

Ohne solche eindeutigen Rezepte wird es wohl beim weniger perfekten Dinner bleiben.

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