Samstag, 16. Juni 2007
Vermisst: Diskretion
Ich finde Kinder meist anstrengend, laut und fühle mich von ihnen gestört. Ich bin kein Kinderfreund und kein Vater. Dennoch glaube ich, dass ich Eltern verstehen kann. Kann die Bindung nachvollziehen, die sie zu ihren Kindern haben und demnach auch die Angst und die Verzweiflung, die sie verspüren müssen, wenn das eigene Kind fort ist. Gewaltsam weggerissen, unbekannt verschleppt, entführt oder zumindest vermisst. Die Angst, es könnte tot sein, verfolgt sie jeden Tag, lässt verzweifeln und teilweise Schuldgefühle entstehen. "Hätten wir etwas machen können, damit es nicht passiert wäre?"
Ich fühle mit ihnen, auch wenn es mich nicht, wie viele Eltern, fertig macht, solche Nachrichten zu verfolgen.

Irina Zvyagintseva, 15 Jahre, von der Schule nicht nach Hause gekommen, vermisst seit März 2006



Joey Ray Morrison, 7 Monate, von seinem Vater entführt, vermisst seit Oktober 2006

Quelle: vermisste-kinder.de



Denis Pipitone, 4 Jahre, vor der Haustür ihrer Großeltern entführt, vermisst seit September 2004


Estelle Mouzin, 9 Jahre, von der Schule nicht mehr nach Hause gekommen, vermisst seit Januar 2003


Quelle: Bundeskriminalamt


Schon einmal von diesen vermissten oder entführten Kindern gehört? Nicht? Vielleicht liegt es daran, dass allein in Deutschland jedes Jahr über 1500 Kinder verschwinden bzw. entführt werden. Im Jahre 2006 waren es nach der Kriminalstatistik des BKA (Punkt 3.5) 1596 erfasste Fälle.

In diesen Fällen gibt der Papst den Eltern nicht seinen persönlichen Segen. In diesen Fällen reisen die Eltern nicht durch Europa und bitten jedes Staatsoberhaupt persönlich um dessen Mithilfe. In diesen Fällen spenden keine Prominente Millionen, um zur Aufklärung beizutragen. In diesen Fällen wird kein Medienhype veranstaltet, der an eine PR-Tour erinnert.

Dieses Engagement ist beispiellos. Es zeugt vom Willen und der Kraft der Eltern, ihr Kind wiederzufinden und das über eine Suche über sämtliche verfügbaren Kanäle.
Mir jedoch stößt diese Art von Öffentlichkeitsarbeit bitter auf. Zum einen, weil sie daran erinnert, wie viele Kinder im Stillen und seit langem vermisst sind. Zum anderen, weil ein Stück weit Popstar in den Bildern mitschwingt.
Ich weiß, viele hier werden anders denken. Aber ich finde den radikalen Medienaufwand falsch.


Auf Wunsch eines Angehörigen wurde der Beitrag nachträglich am 07.12.2008 bearbeitet.

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