Vergänglichkeiten
Das VZ holt sie aus dem Dunst des Vergessenen. Namen und Gesichter, die erst wieder aus Puzzleteilen zusammengesetzt werden müssen, bevor sie für mich Sinn ergeben. Manche haben sich kaum verändert, andere hingegen sind nicht wiederzuerkennen, wiederrum andere kann ich weder auf den ersten noch auf den zweiten Blick wirklich einer realen Person zuordnen. In den letzten Wochen und Monaten sind diese Menschen aus meiner frühen oder späten Vergangenheit aufgetaucht, mit ihren Freundschaftseinladungen, mit ihren Nachrichten. Menschen, die ich seit Jahren nicht mehr gesehen oder gesprochen habe.
Da ist diese Frau, mit der ich als Teenager Briefe geschrieben hatte und die ich ganz unteenagerhaft einfach zu ignorieren begann, als sie vorschlug, sich doch auch mal zu treffen. Da sind diese zwei Menschen, die mir nicht so nahe standen wie anderen und mich anschreiben und freundlich fragen wie es mir geht, statt sich bei den anderen zu melden. Da ist die ehemalige Kollegin, die man aus den Augen verloren hatte, nachdem man aus dem Dienst ausgeschieden war.
All diese Personen hatte ich vergessen oder zumindest auf meinem Weg am Wegesrand sitzen lassen. Und plötzlich scheinen sie aktiv nach mir gesucht zu haben, in der Datenbank des VZ. Ob das ein spontaner Suchvorgang gewesen war, ob die Frau aus Teenagerzeiten einen Brief von mir in den Händen hielt und sich fragte, was wohl der Herr Nyxon macht, der sich irgendwann nicht mehr meldete und meinen verzweifelten Brief ignorierte? Ob die beiden anderen in stillen Momenten ihr bisheriges Leben Revue passieren ließen und ein Gedanke an meinem Namen festhielt. Ob die Arbeitskollegin sich an die vielen lustigen Mails zwischen den Abteilungen erinnerte? Man sieht sich wohl tatsächlich immer mindestens zweimal im Leben.

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jammernich, Freitag, 4. April 2008, 10:56
Von welchem dervielen VZs sprechen Sie denn, Herr nyxon?
Ich glaube langsam wirklich, ich sollte auch so einer Community beitreten. Ich verpasse ja ganze Welten anscheinend... aber der Herr Schäuble und die Personalchefs dieser Welt und natürlich die Werbeindustrie... ich weiß ja nicht.

nyxon, Freitag, 4. April 2008, 15:29
Ich bin einer der StudiVZler, allerdings durch Immatrikulation legitimiert und nicht wie andere nur Pseudostudent :)

Die ganze Geschichte mit dem Datenschutz ist ein zweischneidiges Schwert, wie ich finde. Meistens regen sich die Menschen darüber auf, dass ihre Daten eingesehen werden, die direkt auch ihr ganzes Leben ausbreiten im Netz. Jeder kann in diesen Communities selbst entscheiden, was und wie viel er von sich preisgibt und sollte daher auch individuell die Konsequenzen dafür tragen, finde ich. Die Vorratsdatenspeicherung durch das Wölfchen ist die andere Seite der Medaille, die auch ich mit Vorsicht genieße. Schließlich reicht schon die IP aus, um am Ende erkannt zu werden und die hinterlassen eben alle, die im Netz unterwegs sind. Aber seltsamerweise habe ich immer noch Vertrauen in unsere Gewaltenteilung, die ja zuletzt auch gezeigt hat, dass sie zum Eindämmen gewisser Praktiken und Gesetzesvorhaben durchaus fähig und zuständig ist.