Studententage
Zweites Semster. Schwerpunkt in den Schreibwerstätten: meinungsbetonte Dasrstellungsformen. Mensch, hatte ich mich darauf gefreut! Endlich fort mit den drögen Fakten- und Kausalketten! Bloß keine Scheu vor Wertungen über Themen, meine Herrschaften! Augenzwinkern und Sarkasmus aber bitte nur mit Vorsicht genießen! Und jetzt, wo die Senfzugaben gefragt, ja erwartet und bewertet werden, da stehe ich zumeist auf dem Schlauch. Eigentlich gebe ich ja ganz gerne meine Meinung preis - sarkastische Kommentare hierzu können gerne als Einlage auf das Karmakonto eingezahlt werden -, doch es läuft nicht fluffig. Meinungen habe ich, aber diese in das enge Korsett eines Kommentars zu zwängen, ist umso schwerer, da meine Meinungen ja keine tauben Hungerhaken sind, sondern wohlgeformte zumeist schöne Körper, durchtrainiert und ansehnlich. Und gerade deshalb sitze ich seit Stunden an diesem Kommentar zu Studiengebühren und kürze und feile und lasse abspecken. Wenn man schon selber keinen Sport macht, dann muss wenigstens die Meinung schwitzen.

Der Lohn für gute Arbeit, nicht nur beim Schreiben, sondern auch in allen anderen journalistischen Disziplinen sind gemeinhin gute Noten, Stolz aus seinem eigenen und Lob aus dem Munde anderer. Die herbste Enttäuschung hingegen eine Solalanote. "Ihre Note ist ja im Mittelfeld, aber ich hätte sehr viel mehr von Ihnen erwartet." Autsch! Schlag ins Gesicht. Verdient. Die Note auf jeden Fall und laut dem Prof wohl auch der Gedanke kurz vor der Abgabe: "Hättest du besser machen können, Herr Nyxon. Da ging noch was." Aufgabe 2 steht in den Startlöchern. Da geht also wirklich noch was. Die freie Zeit am Wochenende ist für Meisterleistungen eingeplant.

Kommentieren



mark793, Sonntag, 20. April 2008, 14:35
Nehmen Sie mir die Frage nicht übel. Aber ist der Druck auf Sie, es ständig irgendjemandem/sich selber beweisen zu müssen, was für ein schreiberisches Ausnahmetalent Sie doch sind, wirklich so immens hoch, wie er hier permanent zwischen den Zeilen herausdampft?

nyxon, Sonntag, 20. April 2008, 15:07
Ich würde mir nicht anmaßen, mich als Ausnahmetalent zu bezeichnen oder bezeichnen zu lassen - weil ich es einfach nicht bin. Aber da ich weiß, dass zumindest irgendein Talent zum Schreiben in mir schlummert, ist der Anspruch meiner selbst an meinen Leistungen wirklich recht hoch, das sehen Sie richtig.
In einigen Dingen möchte ich mich nicht damit zufrieden geben, Mittelmaß zu sein, darunter gehört unter anderem das Schreiben. Und wenn ich dann feststelle, dass ich mit meiner Leistung nicht die mir selbst gesetzten Ziele erreichen kann, verspüre ich den Druck es in erster Linie mir selbst zu beweisen.

jammernich, Sonntag, 20. April 2008, 15:11
Sie sollten das lockerer sehen, dann schreibt es sich auch unverkrampfter };-)

mark793, Sonntag, 20. April 2008, 15:45
@Talent: Die einzige Stellung, die man aufgrund seines Talentes erreichen kann, ist die eines Idioten - hat mal ein kluger Mann gesagt.

Ambition und Ansprüche an sich selbst sind eine gute Sache. Es jemand anderem beweisen zu wollen, muss auch nicht verkehrt sein. Die Frage ist halt, ab wann man sich mit überzogenen Erwartungen an die eigenen Fähigkeiten selber ins eigene Bein schießt, da hat mein Vorredner nicht ganz unrecht.

Sehen Sie's als Lernaufgabe, mehr als Prozess denn als Ergebnis, wäre mein (ungefragter und unbezahlter) Rat. Schreiberei ist wie das meiste andere im Leben auch zu 90 Prozent Transpiration und nur zu 10 Prozent Inspiration. Je sicherer Sie im Handwerk werden, desto eher können Sie sich damit selber auch mal über die eine oder andere Inspirationslücke hieven. Und aus den Sachen, die nicht so recht gelingen, lernt man manchmal fürs Handwerkliche viel mehr als aus denen, die aus dem Stand klappen. So gesehen müssten Sie eigentlich dankbar sein dafür, dass nicht alles, was Sie fabrizieren, Ihren eigenen Ansprüchen auf Anhieb genügt. Nur anhand der Sachen, die noch verbesserungsfähig sind, werden Sie nämlich lernen, sich der Perfektion aktiv zu nähern.

Also nicht verzagen.

nyxon, Sonntag, 20. April 2008, 22:07
Sie haben beide recht damit, dass man sich nicht unter Druck setzen (lassen) sollte. Aber wenn man wie ich jeden Tag mit der potenziell starken Konkurrenz konfrontiert wird, ist das nicht immer so einfach. Das, was wir jede Woche abliefern wird nun einmal benotet. Da gibt es fürs Leben und die Zukunft natürlich die Möglichkeit dazuzulernen, was ich auch schon in vielen Fällen tun durfte, aber was jetzt in den Schreibproben nicht funktioniert reißt mich notentechnisch ins Mittelfeld, deshalb der hohe Eigendruck. Später, im Ernst des Lebens, sind Noten vielleicht nicht ausschlaggebend, aber derzeit bestimmen sie als Einzelaspekt, was mein Tun derzeit wert ist.

Ich spüre diesen Druck auch nur in der journalistischen Tätigkeit. Im kreativen Schreiben habe ich die Ruhe weg. Schreibe mal hier, mal dort, mal mehr Gutes, mal weniger Schlechtes im Eigensinne, und weiß, dass vielleicht irgendwann in dieser Szene meine Zeit kommen mag. Aber im Journalistischen muss ich mich mit anderen messen, um mithalten zu können und etwas zu werden. Das geht nicht ganz ohne Druck.