Die Seelenfänger - Teil 4
Teil 1 - Anlaufschwierigkeiten
Teil 2 - Der erste Kontakt
Teil 3 - Die Marketingmaschinerie



Filmzitate sind der Seite imdb.com entnommen.

Teil 4 – Wahrheit halb und halb

Es werden zehn von 65 Gerichtsurteilen eingeblendet, die Scientology den Status einer Kirche verleihen oder zumindest den Eindruck dessen machen sollen.
„That Scientology is a bona fide religion is indisputable, as determined repeatedly by courts the world over, including the United States Supreme Court.”
Darunter auch eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Stuttgart. Dass dieses Urteil (Download rechts) allerdings keinen Anerkennungstenor enthält, sondern nur bestätigt, dass eine Unterorganisation von Scientology weiterhin den Vereinsstatus innehaben darf, wird nicht erwähnt.
Von einer dauerlächelnden Angestellten bekommt der Moderator eine Handvoll lesenswerter Bücher „für den Beginn der Lehre“ aufgedrückt. Die letzten zehn Minuten des Films werde ich bombardiert mit angeblichen Erfahrungsberichten. Menschen aller Couleur und sämtlicher Berufsgruppen lachen in die Kamera und erzählen, dass Scientology sie gerettet habe, ihnen geholfen habe, dass sie endlich glücklich seien dank der Hubbardlehre.

John Travolta sagt, er sei eigentlich für sein ganzes Leben dankbar.
„Well, basically, there's no part of my life that Scientology hasn't helped.”


Und auch Kirstie Alley blieb uns wohl nur durch Scientology erhalten:
„To tell you the honest-to-god truth, without Scientology, I would be dead. So, I can personally, highly recommend it.”


Den Star Tom Cruise sehe ich nicht, aber ich werde später darauf aufmerksam gemacht, dass er mit Abstand der bekannteste Vertreter der Organisation sei.

Scientology hat in dieser Zusammenfassung für alles eine Lösung wird mir beigebracht, egal, ob ich nun drogenabhängig sei, Eheprobleme hätte oder meine Kreativität nicht gänzlich entfesseln könnte. Fünf Minuten schaut der Moderator noch frontal in die Kamera und erklärt, dass man jetzt hinausgehen und Scientology den Rücken kehren könne. Dass einem selbst die Entscheidung gegeben und dass man sein eigener Herr sei. Aber man solle bedenken, was man gerade gesehen habe und gründlich urteilen. Ich erwarte ständig das Ende des Films, aber immer wieder nimmt die Hintergrundmusik, die auch in einen patriotischen Kriegsfilm passen würde, einen neuen Anlauf und lässt den Moderator noch ein wenig sagen, wie frei man doch sei.
„If you leave this room after seeing this film, and walk out and never mention Scientology again, you are perfectly free to do so. It would be stupid, but you can do it. You can also dive off a bridge or blow your brains out. That is your choice. But, if you don't walk out that way, if you continue with Scientology, we will be very happy with you. And, you will be very happy with you. You will have proven that you are a friend of yours.”
Dann ist Schluss.


[...wird fortgesetzt]

Kommentieren



zampano, Mittwoch, 14. März 2007, 12:38
Verdammt, ich will auch mein Freund sein.
Ich wünsch mir von den lieben Leuten noch etwas mehr Holzhammer beim missionieren bitteschön. Die sind immer so unglaublich dezent...

bluetenstaub, Mittwoch, 14. März 2007, 13:29
Hier, in meinem Wohnort, stehen die regelmäßig unter irgendeinem ihrer Pseudo-Decknamen in der Fußgängerzone und sprechen bevorzugt junge Leute an, wie ich beobachten konnte. Ich gehe an deren Stand schon immer extra grimmig und Zähne fletschend vorbei (weil es mich so ärgert, dass die überhaupt dort stehen dürfen), werde aber dennoch öfters mal angesprochen. Kürzlich meinte eine der Damen lieblich lächelnd "Sie interessieren sich doch sicher für Psychologie und Spirituelles?" und hielt mir eines dieser Sekten-Blättchen unter die Nase. "Ja, meinte ich, gar nicht so schlecht geraten. Aber Sekten gehören nicht unbedingt zu meinen Forschungsinteressen." ;)

nyxon, Mittwoch, 14. März 2007, 19:39
Herr Zampano, legen Sie sich doch einfach wie ich auch einige zusätzliche Persönlichkeiten zu, dann geht das ganz schnell, dass Sie mit sich selbst Freund sind :)

Frau Bluetenstaub, es müssen gar keine Pseudo-Decknamen sein, weil Scientology fast für jeden Standort eine Unterorganisation als Verein angemeldet hat, um in der jeweiligen Stadt agieren zu können. Das macht es ja auch möglich, immer noch Infostände zu errichten, da eingetragene Vereine dazu nur eine leicht zu erhaltene Genehmigung brauchen (soweit ich da korrekt informiert wurde).
Gerade das macht es so undurchsichtig für die Menschen auf der Straße - es hat mich schwer überrascht, wieviele unterschiedliche Vereinsnamen unter dem Scientology-"Label" vereint sind.

PS: Gut pariert! ;)

gorillaschnitzel, Mittwoch, 14. März 2007, 20:24
Frau bluetenstaub, das sind nicht die Leute von Scientology, das sind die Jungs von Jesus Live. Aber die sind ungefähr ähnlich drauf...

bluetenstaub, Mittwoch, 14. März 2007, 21:14
Nein, das waren Leute von Scientology. Können Sie mir gerne glauben.

gutemine, Mittwoch, 14. März 2007, 19:52
Habe gerade durch reinen Zufall einen Menschen kennengelernt, der mir durchaus schlau und intelligent vorkommt und in seinem Zimmer ein Bild von Ron L. Hubbard hängen hat. Mal abwarten, dachte ich mir ... bisher versucht man mich noch nicht zu überzeugen ... ich stehe dem Ganzen sehr kritisch gegenüber, mag mein Gehirn nicht am Empfang abgeben, um mir dann durch Persönlichkeitstest bescheinigen zu lassen, wie schlecht es mir geht und ich dringend ein Auditing brauche ...
Danke für Ihre Untersuchungen, sie kommen gerade zu einem sehr guten Zeitpunkt ... :-)

nyxon, Mittwoch, 14. März 2007, 20:02
Ich helfe wo ich kann *gg*

Zu den Themen Persönichkeitstest und Auditing gibt es übrigens auch noch Informationen in der kommenden Zeit, also halten Sie den Menschen hin, sollte er mit eindeutigen Angeboten auf Sie zutreten :)

cosmomente, Mittwoch, 14. März 2007, 21:22
Ich finde Deine Studie sehr spannend und übrigens auch mutig - ist ja schließlich eine S*kte mit teilweise schon sehr rigorosen Methoden. Dass der Staat nichts gegen die Kerle tut, sie Kirchen bauen dürfen und überall missionieren können regt mich regelmäßig auf.

Also Daumen hoch und weiter so, ich schmökere gespannt mit. Nur nicht einfangen lassen, gell?

nyxon, Mittwoch, 14. März 2007, 21:51
Keine Angst, ich habe mich erfolgreich durch die Maschen des Netzes zurück in die Freiheit gekämpft.

Scientology agiert in Deutschland in den Rahmen, in dem ein eingetragener Verein rechtsgeschäftlich tätig ist. Sprich, die Immobilien bzw. Grundstücke werden vom Verein gekauft oder angemietet und (offiziell) zu den in den Vereinsregistern eingetragenen Zwecken genutzt. Kirchen dürfen die das in der Öffentlichkeit nicht nennen, wobei ich mich wundere, dass die Organisation diese Bezeichnung zum Beispiel auf Formularen und Karten nutzen darf.
Ich bin derzeit noch damit beschäftigt, eine offizielle Erklärung zum Status von Scientology zu bekommen.

cosmomente, Donnerstag, 15. März 2007, 11:37
Früher hatten die ja sogar Kirchenstatus glaube ich, bis es dann ein Urteil gab - das war doch vor ein paar Jahren, oder?

Klar, sind die Richter Machtlos und leider lassen sich die Regeln und Gesetze viel zu oft denen und zurechtbiegen, aber dennoch meine ich, dass der Staat da ein viel größeres Auge drauf haben müsste - wie genau das umzusetzen wäre, weiss ich aber auch nicht wirklich *seufz*

nyxon, Donnerstag, 15. März 2007, 14:41
Kirchenstatus hatten die in Deutschland noch nie, zumindest weiß ich davon nichts.

Scientology wird derzeit stellenweise vom Verfassungsschutz überwacht, also ein Auge drauf haben sie schon. Aber solange die sich im Rahmen ihres Vereinsstatusses bewegen, wird der Staat da wohl nichts machen können, leider...

cosmomente, Donnerstag, 15. März 2007, 15:16
Hast Recht, ich hatte wohl noch die Diskussion von damals
im Hinterkopf und was durcheinandergeworfen..

nyxon, Donnerstag, 15. März 2007, 20:05
In sämtlichen Verfassungsschutzberichten der letzten Jahre werden Bedenken wegen Scientology benannt. Zwar nur als kleine Hinweise, aber ich ich versuche an detailliertere Informationen zu gelangen. Aber die Mühlen der Behörden mahlen ja bekanntlich seeeeehr laaaangsaaaaam...

gorillaschnitzel, Mittwoch, 14. März 2007, 20:10
Huiuiui
Scientology is a bona fide religion

Also ich sach dia: Dat jibbd Ärja...rischdischn Ärja...

nyxon, Mittwoch, 14. März 2007, 20:18
Genau dieser Gedanke kam mir auch, als ich es im Film gehört und später auch Schwarz auf Weiß nachgelesen habe.

Da dachte ich immer, Hubbard wird verehrt und dann stellt sich heraus, dass eigentlich unsere Frau Bona dahinterstecken tut...

bufflon, Mittwoch, 14. März 2007, 22:22
Skandalös, wäre das. ;-)

nyxon, Donnerstag, 15. März 2007, 08:25
Kann ich direkt die nächste Enthüllungsgeschichte vorbereiten ;)

bonafide, Montag, 19. März 2007, 01:58
ich sach nur: mala fide [in böser absicht]. harhar....