Sonntag, 13. Juli 2008
Nachtessenz
Dass ich eine Nacht durchgetanzt habe ist schon lange her. Der Wille war oft genug vorhanden, doch fehlte es entweder an Zeit, Geld, der richtigen Location, den richtigen Leuten zur Location oder einfach der Lust dazu. Diese Nacht war dann zur Abwechslung anders. Auch, wenn sie eher unspektakulär an einer einsamen Bushaltestelle in Essen-Altenessen anfing. Der Motor unserer Bewegung hatte plötzliche keine gute Laune mehr, was daran gelegen haben könnte, dass Kritik an der Partyplanung offenbart wurde. Die eine Hälfte von uns lief zielsicher in die Richtung schlechten Geschmacks (Schlagerhütte), während die andere Hälfte erst gelähmt von Zehneuroeintrittsalpträumen der erst anvisierten Location sich dann der Gefolgschaft verweigerte.
Zum Schluss waren es dann ich und eine weibliche Begleitung allein, die sich in die Nacht des Essence-Club warf. Um hereinzukommen musste ich nicht nur mein Hemd entblößen, sondern auch eine Erklärung unterschreiben, dass ich durch Beitritt zum "Smoker's Club" den Rauch der Partygäste bewusst inhalieren könne, um damit "die gegenseitige Toleranz von Rauchern und Nichtrauchern" zu fördern. Der Eintritt war also nicht nur soziales Engagement, sondern auch enormer Egoshoot, denn kaum waren wir drin, waren wir auch plötzlich furchtbar cool. Um uns herum nur geschniegelte, geschminkte, getunte und geleckte Menschen. Entweder welche, die es wirklich waren oder welche, die es sein wollten. Wir passten uns notgedrungen an die Masse an. Zu elektronischer Musik kann man auch tanzen, wenn um einen herum die High Society die Hüften wiegt. Mit einem 6-Euro-Wodka in der Hand ließ es sich dann auch sehr viel besser high leben.
Wäre die andere Hälfte mitgekommen und hätten die Füße meiner Begleitung in diesen furchtbar spitzen Schuhen (weshalb tun sich Frauen solche Qualen an?) länger zum Tanzen durchgehalten, ich hätte diesen Laden lieben gelernt. So machten wir uns gegen fünf auf den Heimweg. Sie barfuß, ich barbarisch gut gelaunt. Irgendwann stieg sie in den Zug und ich in den anderen und dann kam ich irgendwann auch an. Der Rest ist Nirvana. So teuer und arrogant es auch war - ich könnte mich in der Tat daran gewöhnen, upperclass zu feiern.

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